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Reiseberichte
(c) Hans van Poll - Im Reisebericht Juli 1977 "Bundesbahndampf (fast) ade, auf in die DDR!" das letzte Bild des ersten Tages: 01 0533 des Bw Saalfeld vor dem E 807 (Leipzig - Gera - Saalfeld) bei der Durchfahrt durch Leipzig-Lindenau.
Juli 1977: Bundesbahndampf (fast) ade, auf in die DDR!
Die DR als verlockende Alternative für den Dampflokfan
Von Hans van Poll
“Dein Dampflokhobby in allen Ehren, aber muss das denn sein: eine Reise hinter den Eisernen Vorhang?”, fragte der Herr Papa ein wenig missmutig. Worauf die lapidare Antwort des Sohnes lautete: “Ja, das muss sein, denn bei uns im Westen fahren die Dinger ja nicht mehr.”
Im Sommer 1977, als dieses Kurzgespräch in der elterlichen Wohnung des Autors stattfand, lag die Dampftraktion bei der Bundesbahn tatsächlich im Argen. Nur noch auf der legendären Emslandstrecke verirrte sich sporadisch eine Dampflok in Form einer heruntergewirtschafteten 042 oder 043, die Strecke hatte seit dem Verschwinden der Baureihe 012 zum Sommerfahrplan 1975 ohnehin viel von ihrem Reiz verloren. Sonst herrschte in puncto Dampftraktion im Planbetrieb bei der DB Friedhofsruhe. Und im Oktober 1977 war dann endgültig Schluss.
Was lag da näher, als den Blick nach Osten zu wenden? Aus Zeitschriften wusste man schon längst – wenn auch nicht bis ins letzte Detail genau – was dort alles noch auf Reichsbahnschienen herumdampfte. Und in meinem Fall kam noch etwas hinzu. Seit einigen Jahren pflegte ich nämlich einen intensiven Kontakt zu einem Hobbyfreund in Leipzig. Michael Schrödter – sollte er diese Zeilen lesen, möge er sich noch einmal melden – arbeitete bei der DR und war regelmäßig mit der Kamera unterwegs. Von ihm hatte ich schon manchen photographischen Leckerbissen bekommen: von einer “echten” 43 bis hin zu einem sächsischen Urgestein wie dem “Rollwagen” oder der preußischen G 12. Dass ich diese wohl nicht mehr zu sehen bekäme, konnte doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass
(c) Hans van Poll - Im Umlauf der Saalfelder 01.0 im Sommer 1977 kamen Loks der Baureihe mit E 800 (Saalfeld - Gera - Leipzig) nach Leipzig und nahmen dort als Rückleistung den Personenzug 3025 auf. Abfahrt in Leipzig Hbf um 13.00 Uhr, Ankunft nach 142,2 km Fahrt in der Saalestadt um 18.19 Uhr, mit 32 Zwischenhalten eine Zumutung für eine stolze Schnellzuglok.
Und in Gera von 15.35 bis 16.37 Uhr Aufenthalt und zwischendurch immer schön den Druck im Kessel im Auge behalten. So muss die Dampftraktion wohl unwirtschaftlich sein. Am 31.7.1977 traf es 01 0525, hier kurz nach Verlassen des Bf Leipzig-Möckern.
unten (c) Hans van Poll - Auch eine Rückleistung nach Saalfeld: 01 0522 des Bw Saalfeld am 31.7.1977 mit E 805 (Leipzig - Gera - Saalfeld) am Haltepunkt Leipzig-Coppiplatz.
Die ersten sechs Wagen des Zuges gehen, mit Lokwechsel in Saalfeld auf 95 des Bw Probstzella, bis Sonneberg.
es auch 1977 immerhin noch großohrige 01’er geben müsste, genauso wie 03.10 – Maschinen und Kraftprotze wie die Baureihe 95. Und “Saalfeld” war mir schon ein Begriff, ohne dass ich da überhaupt auch nur einen einzigen Fußabdruck hinterlassen hatte.
Mein Leipziger Eisenbahnfreund, ohne dessen Hilfe aus der leibhaftigen Wahrnehmung vom Reichsbahndampf nie etwas geworden wäre und dem ich dafür auch heute noch meinen herzlichen Dank ausspreche, lud mich formell ein – was in Sachen Freizügigkeit beim Herumreisen von ungeheurem Vorteil war im Vergleich zur Teilnahme an einer organisierten Reise – und erledigte den Papierkram. So flatterte nach einiger Zeit der “Berechtigungsschein zum Empfang eines Visums” vom Reisebüro der DDR in den Briefkasten und die Sache wurde nun doch ernst.
30.7.1977: Im D 199 von Mönchengladbach nach Leipzig
Und so trat ich am Samstag, den 30. Juli 1977, von Mönchengladbach aus (nahe meinem Wohnort Roermond in den Niederlanden) im D 199 die lange Reise nach Leipzig an. Und ich will nicht verhehlen, dass mich doch, je näher sich der Zug der “Zonengrenze” näherte, ein etwas mulmiges Gefühl beschlich, umso mehr als ich auf dem Grenzabschnitt Bebra – Gerstungen soviel Stacheldraht und Wachtürme sah, dass mir die Grenzsicherungs-maßnahmen der DDR viel ungeheuerlicher vorkamen als ursprünglich gedacht. Die Einsicht, dass die Bahnlinie auf besagtem Streckenabschnitt ein paar Mal die Grenze überquerte, kam erst viel später... Grenzaufenthalt in Gerstungen: Was würde passieren? Sehen konnte man wegen der Sichtblenden auf dem Bahnsteig nicht viel. Aber die Grenzkontrolle verlief
(c) Hans van Poll - Die Dampflokreise in die DDR konnte 1977 nicht mehr die Begegnung mit Länderbahn-Raritäten ermöglichen, wohl aber die Ansicht von echten Rennern der Einheitsbau-Epoche in ihrer Reko-Gestalt und in fast ursprünglichem Zustand. Es gab sie noch, die "großohrigen" 01: Hier ist es am 1.8.1977 die 01 2120 des Bw Dresden, die den D 673 (Berlin-Schöneweide - Dresden) soeben aus dem Zwischenhalt Berlin-Schönefeld heraus beschleunigt.
reibungslos. Die “Organe” waren korrekt aber höflich, wie ich überhaupt Wert auf die Feststellung legen muss, dass ich auch bei meinen späteren Reisen in “das andere Deutschland” niemals Schikanen irgendwelcher Art von Volkspolizei oder Grenzbeamten unterworfen gewesen bin. In Gotha dann die erste Dampflok: eine 44 Öl, dürfte eine Nordhäuser Lok gewesen sein.
Die Ankunft im Leipziger Hauptbahnhof werde ich so leicht nicht vergessen: Der riesige Bahnhof hing voller Fahnen, welch ein grandioser Empfang! Nun galt allerdings dieses Fahnenmeer nicht mir, sondern dem Start der “Jugendspartakiade”, zu der sogar der “Generalsekretär des Zentralkomitees ...usw, usw. ... und Vorsitzender des Staatsrates”, Genosse Honecker, in eigener Person angereist war.
Vorn, an der Pufferbohle neben der 211, stand mein Brieffreund, der ab jetzt auch mein Reisebegleiter sein würde und dem ich jetzt zum ersten Mal leibhaftig begegnete. Wir fuhren mit der S-Bahn zwei Stationen zurück nach Haltepunkt Coppiplatz und kurze Zeit später erfolgte die überaus freundliche Begrüßung im Elternhaus. Ein Anruf zu Hause um zu melden, dass alles glatt über die Runden gegangen war, und schon war der erste Tag vorbei.
31.7.1977: Erste Eindrücke von Leipzig
Am nächsten Tag dann mein allererstes Foto: Im Haltepunkt Coppiplatz wurde der E 800 aus Saalfeld mit der 01 0525 verewigt. Die anschließende Fahrt mit der Straßenbahn in das Leipziger Stadtzentrum ließ mich jedoch schaudern beim Anblick der Bausubstanz des Stadtviertels: Ganze Straßenzüge völlig heruntergekommener Häuser, die mich an meine Kindheit erinnerten, als es etwa zehn Jahre nach Kriegsende in den Niederlanden auch noch vereinzelt solche Bauruinen gab. Nur: Es wohnte darin schon längst niemand mehr, die Häuser waren für “unbewohnbar” erklärt und sollten dem Abrissbagger preisgegeben werden. Ob Johann Wolfgang von Goethe sich bei einem solchen Anblick anno 1977 sein Leipzig immer noch gelobt hätte? Fazit ist aber auch, dass im Leipziger Stadtzentrum rund um Altes und Neues Rathaus alles schön restauriert war.
Im Hauptbahnhof stand dann die 01 0525 in voller Pracht noch immer mit ihrem Zug am Bahnsteig. Und es war wirklich eine Augenweide, wie sich die Lok in ihrem herausgeputzten Zustand den Reisenden darbot. Meine Verwunderung über dieses makellose Äußere – die durchweg schmutzigen DB 012’er aus Rheine noch in fester Erinnerung – entlockte meinem Reisefreund nur die knappe Bemerkung “So sehen die alle bei uns aus”. Wie recht er damit haben sollte!
Mit ballernden Auspuffschlägen, die im ganzen Bahnhof zu hören gewesen sein werden, drückte die Lok dann ihren Zug aus der Halle.
Danach musste der Volkspolizei ein Besuch abgestattet werden, die vorschriftsmäßige Anmeldung innerhalb 24 Stunden nach Ankunft hatte ich zu erledigen. Zum Glück stempelte mir der Beamte gleich das Ausreisevisum in den Reisepass, so dass ich dafür nicht noch extra hätte zurückkommen müssen. Es wurden am Nachmittag auch noch einige Bilder bei Leipzig Möckern und Coppiplatz gemacht, aber am nächsten Tag sollte es erst richtig losgehen.
(c) Hans van Poll - Am 2.8.1977 hat die Lok 44 0614 (44 1614) des Bw Eberswalde mit einem Kesselwagenzug aus Schwedt soeben Angermünde Richtung Berlin verlassen. Die Lok wurde 1964 auf Ölfeuerung umgebaut, erlebte 1982 den Rückbau auf Kohlefeuerung sowie 1988 den Umbau auf zwei Zylinder und bekam, da ausgemustert erst am 23.3.1992, noch eine DB-Nummer 044 614.
links (c) Hans van Poll - Am 1.8.1977 Abfahrt der 50 0072 des Bw Pasewalk mit Güterzug in Richtung Süden aus Prenzlau heraus. Mit der Ablieferung der 50 0072 am 3. August 1971 durch das Raw Stendal war der Umbau von Lokomotiven der Baureihe 50.35 auf Ölfeuerung beendet.
unten (c) Hans van Poll - In Berlin-Schönefeld-Zentralflughafen ist 01 1512 des Bw Berlin-Ostbahnhof mit D 670 (Dresden - Berlin-Lichtenberg) am 1.8.1977 eingelaufen.
1.8.1977: Aufbruch in die Uckermark
Morgens früh um 5.53 Uhr war Abfahrt im D 660 nach Berlin-Schönefeld, um dort noch den D 670 aus Dresden mit 01 abzupassen. Unser Dieselzug in die Hauptstadt fuhr eine Verspätung ein und von den gut zwanzig Minuten Aufenthalt, die wir bei Ankunft am Zentralflughafen haben sollten, blieben nur noch ein paar übrig. 01 1512 aus Dresden war natürlich planmäßig und konnte zum Glück gerade noch auf die Platte gebannt werden. In und um Berlin-Schönefeld und nahe dem Grünauer Kreuz wurden dann noch einige Dampfzüge mit 01 und 03 verewigt, bevor es am Nachmittag mit der S-Bahn zum Bahnhof Lichtenberg ging und von dort aus hinter der 03 0048 im D 514 bis Prenzlau, unseren Übernachtungsort. Leider zwangen uns die Platzkarten weit nach hinten im Zug, vom Getöse der Drillings 03 war nicht viel zu hören.
In Prenzlau stand die 50 0072, letzte Umbau-Öl-50’er, welche zu den wenigen ihrer Gattung gehörte, die als Ölmaschinen nur eine Computernummer gehabt haben, weil der Umbau erst nach Einführung des neuen Nummernplans stattfand. Und es musste dann wohl doch so kommen: Kaum hatten wir die 50’er abfahren sehen, da war auch schon die Transportpolizei zur Stelle: Was wir da machten... Mein Freund zog eine Kopie der amtlichen Verfügung aus der Tasche, die seit einigen Jahren das Photographieren von allen, der Öffentlichkeit zugänglichen Geländen ausdrücklich erlaubte, und schon war die Sache erledigt. Kein Imponiergehabe von Seiten des Trapos, ein durchaus korrekter Umgang.
Von nun an konnte der Dampfbetrieb auf der Kursbuchstrecke 920 ins Visier der Kamera genommen werden; die Minolta SRT 101 mit Standard- und 135 mm Teleobjektiv sollte Überstunden machen, einer richtigen Bewährungsprobe unterzogen werden (die sie übrigens glänzend bestanden hat).
2.8.1977: “Dampf wie in alten Zeiten” in und um Angermünde
Am anderen Morgen standen wir schon gegen sieben Uhr auf dem Bahnhof von Angermünde. Der Ort war wohl mit Bedacht gewählt worden, mündeten doch hier die Strecken von Szczecin (Stettin) und Schwedt in die Hauptstrecke ein. Und auch auf diesen beiden Nebenbahnen dampfte es noch ganz gehörig.
In Schwedt endete bekanntlich die "Pipeline der Freundschaft" aus der Sowjetunion, das Öl wurde an Ort und Stelle im riesigen “Petrochemischen Kombinat (PCK)” raffiniert und weiter verarbeitet. Die 44.0 - Maschinen aus Eberswalde sowie die ölgefeuerten 50’er aus Pasewalk und Angermünde hatten damit jede Menge Arbeit.
Die Strecke nach Stettin hatte ihren Reiz wegen der beiden internationalen Zugpaare D 310/311 (die nur zwischen Berlin und der polnischen Grenzstadt verkehrten) und D 314/315, auf dem DR-Abschnitt als E-Züge geführt und mit dem Namen GEDANIA unterwegs zwischen Berlin und Gdynia/Gdingen. Dieses Zugpaar stellte eine Nachtverbindung dar.
So war denn die 01 1511 bereits um 7.20 Uhr mit ihrem E 315 nach Berlin in Angermünde eingetroffen, kurze Zeit später kam aus der Gegenrichtung Schwesterlok 01 1506 mit dem D 310 vorbei.
3.8.1977: Pech mit dem Wetter, Pech mit der 01 0530
Übernacht hatte sich das Wetter aber drastisch verändert. Es musste nachts wohl geschüttet haben, denn in Pasewalk – unserem nächsten Schauplatz – spiegelte sich das Triebwerk der 03 0085 in einer großen Pfütze zwischen den Gleisen. Der Himmel war grau und verhangen, an Sonnenschein war heute nicht zu denken. Allerdings hatte das feucht-trübe Wetter auch seine positive Seite, die Loks dampften etwas sichtbarer. Und es blieb zum Glück trocken.
Die Pasewalker 01 0530 kam mit einem Personenzug aus Stralsund herein, den eine Diesellok weiter in Richtung Berlin befördern sollte. Die 01 kuppelte ab und begab sich zu einem der riesigen Wasserkräne, für die Pasewalk berühmt war und die auch einen 34 m³-Tender im Handumdrehen füllen konnten; angeblich sehr zum Leidwesen der Bediensteten bei der Gepäckabfertigung, die sich nun noch mehr als sonst beeilen mussten.
Kaum war danach die bereits erwähnte 03 0085 mit dem D 510 von Berlin nach Stralsund hereingefahren, da kam gleich aus der Gegenrichtung die Starlok aus dem Bestand an Dampfloks in der Stadt am Strelasund: Die 03 0010 war mit dem D 513 in die Hauptstadt unterwegs. Die 03 0085 wurde keines Blickes mehr gewürdigt, das Interesse galt nun dem “Goldbroiler”, wie die ursprüngliche Hallenser Versuchslok spaßeshalber von manchen bezeichnet wurde.
(c) Hans van Poll - 03 0010 des Bw Stralsund verlässt mit D 513 (Stralsund - Berlin-Lichtenberg) Pasewalk am 3.8.1977.
Das Personal aus Stralsund hatte ihr tatsächlich eine hervorragende Pflege angedeihen lassen, und doch konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es ein wenig des Guten zuviel war. Den blank geputzten Rand um den Schornstein mochte man noch hinnehmen, aber die weißen Tupfer auf den Griffstangen und der Hülse vom Innenzylinder: Das hat es so wohl im Normalbetrieb nie gegeben. Die Lok am Wasserrohr an einer Stelle, wo immer Loks halten mussten und wo kräftig gesandet wurde. Dazu der gesamte Zug in einer Kurve bei der schon erwähnten feuchten Witterung: Alles deutete auf eine schwere Geburt bei der Anfahrt hin. Dennoch wusste der Lokführer behutsam sein Dampfross in Gang zu setzen, obwohl: Ganz ohne Schleudern ging es dann doch nicht.
Und schon wiederholte sich die Szene von vorher: Die eine Dampflok fuhr los, die andere kam gerade hereingefahren. Allerdings war durch die Dampfschwaden der 03 0010 nicht viel von der aus der Gegenrichtung kommenden 01 0526 zu sehen, mit ihrem Gex 2650 von Berlin nach Stralsund etwa fünf Stunden unterwegs.
Auch hier wurde der Wasservorrat rasch ergänzt und das Personal gewechselt. Danach sah unser Reiseplan eine Fahrt vor im Dreiachser hinter 01 0530 nach Neubrandenburg, wo wir den Rest des Tages verbringen sollten.
(c) Hans van Poll - 3.8.1977: 44 0235 (44 1235) des Bw Eberswalde mit ihrem Güterzug in Pasewalk abfahrbereit Richtung Berlin. 44 0235 gehörte zu einer Gruppe von zehn 44, die nach 1945, weitgehend noch nach ÜK-Grundsätzen, vom VEB-Nachfolger von Borsig in Henningsdorf gebaut worden waren. Der Volkseigene Betrieb Lokomotivbau Elektrotechnische Werke -LEW- "Hans Beimler" stellte 44 1231 bis 1240 aus vorhandenen Teilen und Kesseln von Aarhus in Dänemark her. 44 0235 hatte die Ölfeuerung seit September 1963 und trägt hier an der Rauchkammertür ein auffälliges Nummernschild mit Ziffern aus zwei "Stilepochen": 2, 4 und 5 in spitzen Ziffern von 1938 und 0 und 3 nach Norm 1970.
(c) Hans van Poll - 01 0526 des Bw Pasewalk vor Gex 2650 (Berlin-Ostbahnhof - Stralsund) am 3.8.1977 beim Halt in Pasewalk mit Wassernehmen und, bei der Wegezeit im Sommerfahrplan 1977 von noch fast fünf Stunden, auch Personalwechsel.
c) Hans van Poll - Am 3.8.1977 Blick auf das Bw Neubrandenburg mit abgestellten Loks der Baureihe 41 im Hintergrund.
(c) Hans van Poll - 52 6706 am 3.8.1977 im Bw Neubrandenburg, ihrem Heimat-Bw, abgestellt. Die Lok wurde 1943 von der Wiener Lokomotivfabrik AG, Wien-Floridsdorf hergestellt und 1959 im Rahmen einer Schadgruppe L4 mit dem Mischvorwärmer und Achslagerstellkeilen ausgestattet. Ihre Ausmusterung wird am 14.5.1979 in Neubrandenburg und ihre Zerlegung am 27.6.1979 in Stendal erfolgen.
oben (c) Hans van Poll - 01 0530 des Bw Pasewalk am 3.8.1977 mit Personenzug 7288 aus Pasewalk in Neubrandenburg einfahrend. Hinter der 01.0 ist die defekte 110 470 eingereiht, der 01 0530 auf ihrer Fahrt mit 3204 (Pasewalk - Schwerin) zur Hilfe eilen und dazu ihren eigenen Zug auf freier Strecke stehen lassen musste.
unten (c) Hans van Poll - 01 0526 des Bw Pasewalk verlässt den Bahnhof Pasewalk mit D 517 (Barth - Berlin-Ostbahnhof) am 3.8.1977.
Daraus wurde jedoch erst mal nichts, denn kaum hatte unser Dampfzug den Bahnhof Pasewalk verlassen, wurde “auf freiem Feld” gehalten. Als es nach einer Viertelstunde immer noch nicht weiterging, guckte mein ostdeutscher Reisefreund aus dem Fenster und stellte entgeistert fest: “Die Lok ist weg”. Man stelle sich vor: sechs Dreiachser mit Reisenden und ein Gepäckwagen mutterseelenallein auf der Heide. Was war geschehen?
Auf dem eingleisigen Abschnitt ein paar Kilometer weiter war ein Gegenzug mit einer Diesellok liegengeblieben; einige Zeit später kam tatsächlich unsere 01 rückwärtsfahrend mit dem Pechdiesel und seinem Zug vorbei. Die 41 aus Neubrandenburg, die uns abschleppen sollte, ließ aber so lange auf sich warten, dass alle Pläne für unsere Fototour in Neubrandenburg und Burg Stargard über den Haufen geworfen wurden. Und als zu allem Überfluss auch der Bw- Vorsteher in Neubrandenburg sich stur stellte und uns den Eintritt ins Bw strikt verweigerte, lag es nahe, wieder nach Pasewalk zurückzufahren. Dies geschah wieder hinter der 01 0530, die mittlerweile – die schadhafte 110 470 im Schlepp – wieder eingetroffen war. Die Abfahrt wurde jedoch mit einer erheblichen Zeitüberschreitung angetreten: Eine V-Lok hätte man im Nu umrangiert, eine Dampflok muss nun mal erst gedreht werden. Auf der Rückreise hatte die 01 spürbar Mühe, sich an die V/max = 90 km/h zu halten, zu gerne hätte sie losgelegt und etwas von der Verspätung herausgefahren. Aber die Dreiachser hätten ihr 100 Sachen und mehr wohl nicht verziehen.
In Pasewalk kam 01 0526 mit ihrem D-Zug 517 (Barth - Berlin) vorbei und später noch die 03 0090, mit dem D 514 in der Gegenrichtung unterwegs. Am frühen Abend ging es dann mit einem Diesel-Durchläufer nach Leipzig zurück, Ankunft in der Messestadt um vier Minuten nach Mitternacht.
Am nächsten Tag sollte es nach Saalfeld gehen, Abfahrt aus Leipzig Hbf um 7.31 Uhr...
Die Nacht war kurz!
(c) Hans van Poll - Am 4.8.1977 erste Dampflok, erste 95.0 im Reiseprogramm Saalfeld: 95 0010 vom Bw Probstzella, abfahrbereit am Bahnsteig in Saalfeld zur Fahrt mit P 18003 nach Sonneberg. Die Lok, 1922 von Borsig gebaut, ist mit einem Ersatzkessel ausgerüstet, erkennbar am fehlenden Speisedom. Im Hintergrund rechts laufen die beiden Transportpolizisten, die auf der Hinfahrt des Autors nach Saalfeld im E 403 Leipzig - Nürnberg mitgereist waren.
4.8.1977: Saalfeld, Dampf ohne Ende
Die 118 tat sich am anderen Morgen unüberhörbar schwer mit dem langen E 403 von Leipzig nach Nürnberg, aus Bundesbahnwagen gebildet und für den Binnenverkehr bis Saalfeld freigegeben. Dass es sich doch um einen etwas aus dem Rahmen fallenden Zug handelte, zeigte die Präsenz der Transportpolizei, die sich regelmäßig im Zug blicken ließ und bis zur Stadt an der Saale mitfuhr.
Dort angekommen, stellte sich, nachdem der Nürnberger Eilzug weitergedieselt war, die Frage: Wo anfangen? Denn ein Rundumblick genügte, um festzustellen, dass ich in einer Dampflokhochburg gelandet war. Überall sah man die schwarzen Ungetüme herumstehen, hie und da qualmte es, wenn mal wieder der Brenner bei einer der vielen Ölloks gezündet worden war und man musste auf den ersten Blick doch schon gut hinschauen, um eine Diesellok ins Visier zu kriegen.
Obwohl: Es gab sie natürlich schon. Die allgegenwärtigen 132’er waren natürlich auch hier anzutreffen. Und die bereits erwähnte 118 sowie die auch schon in großen Stückzahlen gebaute 110 ließen sich an der Saale ebenfalls blicken. Aber (und das fiel dem versierten Dampflokfreund sofort auf): Ihre Stückzahlen und somit auch ihre Einsätze hielten sich 1977 wenigstens im Südthüringischen noch in Grenzen. Und von den später übel ins Gerede gekommenen rumänischen “U-Booten” der Baureihe 119 fehlte an der Saale im Sommer 1977 noch jede Spur.
(c) Hans van Poll - In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre entwickelte sich das Bw Saalfeld zur Hochburg der 01.0, der ehemals als 01.5 Öl bezeichneten Reko-01. Hier die Saalfelder 01 0522 am 4.8.1977 in Saalfeld vor dem D 504 nach Berlin.
(c) Hans van Poll - 44.0 und Saalfeld - ein Begriff. Am 4.8.1977 ist die Saalfelder Lok 44 0601 (44 1601) in Saalfeld zum Wassernehmen aufgefahren. 44 0601 wurde 1943 von Grafenstaden gebaut und 1964 auf Ölfeuerung umgebaut. Die Lok gehört seit 1967 zum Bw Saalfeld und wird das Bw mit ihrem Rückbau auf Kohlefeuerung 1982 wieder verlassen. Rechts hinten am Bahnsteig 41 1025 vor einem Personenzug.
(c) Hans van Poll - Loks der BR 41.1 befanden sich im Sommer 1977 auf dem Rückzug. Aber sie wurden noch gebraucht: 41 1025 des Bw Saalfeld am 4.8.1977 vor Personenzug 3004 über die Saalebahn nach Halle abfahrbereit in Saalfeld.
(c) Hans van Poll - Die DR-Neubau-65.1, ehemals 65.10, war in Saalfeld nur noch in wenigen Exemplaren vertreten. Arnstädter Loks kamen aber auch noch hierher. Am 4.8.1977 Lok 65 1049 aus dem Bw Arnstadt vor Personenzug 8042 nach Arnstadt abfahrbereit in Saalfeld. Der Lokomotivbau Karl Marx in Potsdam-Babelsberg baute die Lok 1956 unter der Fabrik-Nummer 121049.
Nachdem ich meine ersten oberflächlichen Eindrücke vom Dampfbetrieb gesammelt hatte, ging es gleich zur Sache. Denn bei näherer Betrachtung stellte sich die eingangs aufgeworfene Frage, wo man denn mit dem Photographieren beginnen sollte, eigentlich gar nicht. Um etwa Viertel nach zehn waren wir aus Leipzig eingetroffen, um etwas nach halb elf sollte der P 18003 mit einer Baureihe 95 nach Sonneberg losfahren.
Und tatsächlich, da stand er: der Bulle vom Thüringer Wald in Gestalt der 95 0010 des Bw Probstzella, ausgerüstet mit einem Ersatzkessel, wie der fehlende Speisedom bewies. Mit seinen 127 Tonnen für eine Tenderlok ein Kraftprotz sondergleichen. Der Kessel mit einem größten Innendurchmesser von 1860 mm sowie die beiden 700 mm großen Dampfzylinder und natürlich das Reibungsgewicht von nicht weniger als 95 Tonnen machten die 95’er zu einem Kraftpaket, das wie geschaffen war für die starken Steigungen im Thüringer Wald. Davon sollte ich mich am nächsten Tag selber überzeugen können.
Saalfeld besaß bereits Öl 01.5 - Maschinen in Mengen, seitdem das Bw Erfurt P die Loks nicht mehr einsetzte. Das hieß, dass die 41’er nicht mehr gebraucht wurde. Aber ganz verschwunden war sie noch nicht. Die 41 1025 wurde noch vor dem P 3004 nach Halle auf die Saalebahn auf Reisen geschickt, aber weiter als bis Camburg, wo der Fahrdraht beginnt, dürfte die Dampflok nicht gekommen sein; die zehn Minuten Aufenthalt des Zuges im Kursbuch dort deuteten darauf hin. Leider stand der Zug denkbar schlecht: am Außenbahnsteig und nur bei grellem Gegenlicht zu photographieren. Man hätte schon die Gleise überschreiten müssen, um sie halbwegs vernünftig zu verewigen, aber soweit wollte ich das Wohlwollen der Transportpolizei nun doch nicht strapazieren...
oben und unten (c) Hans van Poll - Mit Blick von der Straßenbrücke an der nördlichen Bahnhofseinfahrt von Saalfeld zieht Lok 44 0413 (Schichau 3605/1942) am 4.8.1977 mit ihrem Güterzug von der Saalebahn kommend vorbei. Die Lok wurde 1964 auf Ölfeuerung umgebaut und gehörte von 1975 bis 1980 dem Bw Saalfeld an. Links neben dem Fahrgleis des Güterzuges sehen wir im oberen Bild die eingleisige Strecke nach Arnstadt.
Da stand der D 504 nach Berlin, Starleistung im Umlauf der Saalfelder Schnellläufer, schon wesentlich besser. Und was für einen grandiosen Anblick bot Zuglok 01 0522: wie aus dem Ei gepellt. Auffällig übrigens die noch immer vorhandene Halterung an der rechten Seite für die frühere Indusi, welche die Lok während ihrer Erfurter Zeit auf dem DB-Grenzabschnitt bis Bebra brauchte. Den Magnet selber hatte man schon herausgeholt. Der D 504 lief 1977 noch über Leipzig, zwei Jahre später verlegte man die Route direkt nach Halle, um das leidige Kopfmachen in der Messestadt zu umgehen. Die Dampflok musste dann am Nachmittag mit einem Bummelzug unter dem Fahrdraht wieder die Reise nach Leipzig machen, um von da aus über Gera nach Saalfeld zurückzukehren.
Die Wahrheit gebietet aber auch zu sagen, dass manche Leistung einer 01.5 unwürdig war. Viele Personenzüge waren im Programm vorgesehen, darunter welche, die zwischen Saalfeld und Leipzig über Gera hin und her fuhren und oft stundenlang unterwegs waren. Und das auch noch mit “Genickbrechern”, den dreiachsigen Umbauwagen, die höchstens Tempo 90 vertrugen. Gerechterweise sei aber auch erwähnt, dass einige dieser “Bummelzüge” aus einer ganzen Reihe an Doppeldeckern bestanden; Wagen, die “bei uns im Westen” so gut wie unbekannt waren, im “Ostblock” jedoch schon längst zum Eisenbahnalltag gehörten. Und wenn dann zwei Garnituren aus jeweils vier Wagen aneinandergereiht waren, konnte sich die 01.5 bei knappen Fahrzeiten schon daran austoben.
Was gab es sonst noch zu sehen, außer den reichlich vorhandenen Öl-44’ern, die pausenlos im Einsatz waren?
Die Baureihe 65.10 müsste man noch erwähnen. Saalfeld selber hatte nur noch einige wenige und deren Tage waren gezählt. Arnstädter Loks dieser Baureihe konnte man auch noch in der Saalestadt sehen. Besondere Erwähnung verdient aber die schon beobachtete Baureihe 95, die ein Alleinvertretungsrecht auf der Strecke nach Sonneberg besaß. Der Gesamtverkehr – Reisezüge wie Gütertransport – von Saalfeld in den Thüringerwald war aber so mager, dass längere Wartezeiten auf eine Rückleistung gegeben waren und die nutzte man, indem man die schweren Tenderloks auch anderweitig einsetzte.
oben (c) Hans van Poll - In Saalfeld am 4.8.1977 Ausfahrt des Personenzuges 8042 nach Arnstadt mit der Arnstädter 65 1049.
unten (c) Hans van Poll - 44 0601 (44 1601) des Bw Saalfeld verlässt am 4.8.1977 mit ihrem Güterzug Saalfeld.
(c) Hans van Poll - 95 0004 (Borsig 11108/1922/1964) trifft am 4.8.1977 mit ihrem Güterzug in Falschfahrt, aus Richtung Unterwellenborn kommend, in Saalfeld ein. Das Gleis rechts ist das Wartegleis für Loks, die ins oder aus dem Bw Saalfeld fahren.
So ist es nicht verwunderlich, dass Saalfeld sich die Bärenkräfte der starken Tenderlok zunutze machte, indem man die 95’er auch auf der kurzen Strecke zum VEB “Maxhütte” in Unterwellenborn benutzte. Dieses große Stahlwerk brauchte ja rund um die Uhr Kohle und Erz und die Endprodukte aus der großen Schmiede wollten auch abtransportiert sein. Wo die Saalebahn über Jena relativ flach ist, führt die Strecke über Gera direkt aus dem Saaletal heraus mit einer Steigung von 10‰ bis Unterwellenborn, nicht unbedingt eine Steilstrecke aber mit Rücksicht auf die zu befördernden Lasten dennoch ein formidables Hindernis.
In geregelten Zeitabschnitten quälten sich die Öl-44’er mit ihren schweren Zügen die Steigung hoch und der West-Fan wunderte sich nicht schlecht, wenn in dem Geschäft vor allem abends auch mal eine 01 als Hilfslok gebraucht wurde. Oder wenn eben eine ehemals preußische T 20 dort auftauchte.
Nachdem wir noch einige Züge am Bahnsteig auf die Platte gebannt hatten, musste anschließend die berühmte Brücke an der nördlichen Ausfahrt als Fotostandpunkt herhalten. Eine bemerkenswerte Leistung erbrachte die 44 0413. Sie kam mit viel Getöse von der Saalebahn hereingefahren, nachdem sie am Einfahrsignal aufgehalten worden war. Kurze Zeit später erschien sie wieder vor der Kamera. Der Zug hatte Kopf gemacht und donnerte jetzt mit einer “Taigatrommel” der Baureihe 120 vorne dran die Steigung nach Unterwellenborn hinauf. Die Zuglok bei der Einfahrt hatte man drangelassen, Lok 44 0413 machte sich jetzt als Schiebelok nützlich.
Am Nachmittag ging es an die Strecke. Auf dem Fußweg dorthin kamen wir in der Nähe vom Brauhaus Saalfeld an einigen Schrott- 39’ern vorbei, das heißt: In Wirklichkeit waren es ehemalige 22’er, die mit dem neuen Nummernplan in Baureihe 39 umgezeichnet worden waren und die ihrerseits als Baureihe 22 in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern aus ursprünglichen 39’ern (preußischen P 10) hervorgegangen waren. Wir trafen die 22 038 (noch immer so bezeichnet) sowie die 39 1060. Eine als Denkmal aufgestellte Kropfachse nahe
oben (c) Hans van Poll - Von den 85 bei der DR mit Hochleistungskessel und Mischvorwärmer rekonstruierten Loks der BR 39 (preußische P10) waren 1970 die meisten bereits Z-gestellt. Ein sehr großer Teil der ursprünglich als "22 .0" bezeichneten Reko-Loks erlebten die Umzeichnung von 1970 auf 39.1 gar nicht mehr oder nur noch buchmäßig. In der Nähe der nördlichen Ausfahrt des Bahnhofs Saalfeld waren jahrelang Reko-P10 abgestellt. Oben am 4.8.1977 bei Saalfeld die auf Teilen der Lokomotiven 39 008 und 245 in Meiningen 1959 errichtete 22 038 (39 1038) provisorisch noch mit alter Nummer. Die Lok war zum Aufnahmezeitpunkt nicht ausgemustert. Sie gehörte zuletzt dem Bw Saalfeld an.
links (c) Hans van Poll - Am 4.8.1977 bei Saalfeld die 1960 auf Teilen der 39 092 und 167 gebaute Reko-Lok 22 060, hier provisorisch nach dem Nummernschema 1970 als 39 1060 bezeichnet. Auch diese ehemalige Saalfelder Lok war 1977 noch nicht ausgemustert.
der Brauerei zeugte von den 22’er-Zeiten. Nach einem kurzen Fußmarsch war dann eine schöne und übersichtliche Stelle gefunden, von wo aus man die Szenerie gut im Auge behalten konnte. Zwei Züge seien besonders erwähnt.
Als Erstes kam der P 3036 (Saalfeld – Leipzig-Leutzsch) vorbei. Dieser Zug mit seiner 110 540 als Zugpferd bestand in Wirklichkeit aus zwei Teilen. Hinter der Diesellok waren sechs Dreiachser samt Gepäckwagen eingereiht und am Ende lief eine vierteilige Doppelstockgarnitur mit. Das wäre wohl alles zusammen für die 110 auf der Steigung ein hartes Stück Arbeit gewesen. Wie gut, dass die Doppeldecker in Pößneck schon wieder abgekuppelt wurden, um als P 8017 die Rückreise nach Saalfeld anzutreten. Aber dafür natürlich wohl ein Zugpferd brauchten, das denn auch auf der Hinfahrt ganz am Schluss des Zuges in Form einer auf der Steigung kräftig nachschiebenden 01 0519 vorhanden war. Ein seltsamer Anblick!
Nachdem die 01.5 kurze Zeit später rückwärtsfahrend – wie hätte sie in Pößneck wenden sollen? – mit ihrer Doppelstockgarnitur die Steigung wieder heruntergerollt kam, wurde uns ein besonderer Leckerbissen serviert. Es kam ein Güterzug vorbei, der es offensichtlich in sich hatte: Loks 44 0689 als Vorspann und 95 0024 als Zuglok mussten alle Kräfte aufbringen, deren sie mächtig waren, um den schweren Zug – es dürfte sich um eine Ladung Erz für die “Maxhütte” gehandelt haben – den Berg hochzuschleppen. Unvergesslich, wie die 95’er derart ballerte, dass sie die 44’er einfach übertönte. Und das in allenfalls gehobenem Schritttempo, mehr war nicht drin.
oben und unten (c) Hans van Poll -Vorbeifahrt des P 3036 (Saalfeld - Leipzig-Leutzsch) mit Zuglok 110 540 und Schiebelok 01 0519. Die Doppelstockwagen hinten fahren nach Ankunft in der Zwischenstation Pößneck mit der Dampflok als P 8017 zurück nach Saalfeld.
oben und unten (c) Hans van Poll - Auf der Steigung von Saalfeld nach Unterwellenborn die Lokomotiven 95 0024 (Hanomag 10182/1923/1970) des Bw Probstzella und 44 0689 (Wiener Lokomotivfabrik 9276/1941/1963) des Bw Saalfeld gemeinsam vor einem Güterzug für die "Maxhütte" in Unterwellenborn am 4.8.1977.
(c) Hans van Poll - Am 4.8.1977 führt 95 0045 (Hanomag 10260/1924/1972) des Bw Probstzella, als Leistung für das Personenzugpaar 8022/8023 Saalfeld - Oppurg zwischen den Einsätzen auf der Strecke nach Sonneberg, den 8022 auf der Steigung nach Unterwellenborn.
Die BR 95 war hier übrigens am Nachmittag auch noch mit einem Personenzugpaar unterwegs, dem P 8022/8023 nach Oppurg und zurück, auch eine Füllleistung also. Inzwischen waren wir aber schon wieder nach Saalfeld zurückgekehrt und von der Brücke aus wurde noch so mancher Zug verewigt. Und: Es wäre fast zu einer Parallel-Einfahrt mit Dampfzügen aus Richtung Saalebahn und Unterwellenborn gekommen. Die Lage: Auf dem Wartegleis die Lok 44 0221, aus Richtung Unterwellenborn kommend die 44 0689 mit Güterzug und nur Sekunden später (aber eben “zu spät”...) die 01 0505 mit ihrer spitzen Rauchkammertür, einfahrend mit einem Personenzug aus Richtung Jena. “Unglück” muss der Mensch haben...
Am Abend kam der Leipziger Eilzug 805 mit der 01 0522 wieder zurück; die ersten sechs Wagen wurden an 95 0024 übergeben, womit eine direkte Kurswagen-verbindung von der Messe- zur Spielzeugstadt gewährleistet war. Beim Lokwechsel trat der Lokführer der 95 zum Vorschein. Er trug zwei große Gehörschutzmuscheln, die ich so andernorts in der DDR nie wieder beobachtet habe (und die ich von den Ölmaschinen der DB her überhaupt nicht kannte). Vorgeschrieben waren sie schon, bei den Ölloks der DR befanden sich die Brenner ja direkt an der Rückwand der Feuerkiste und sie mögen damit viel mehr Lärm im Führerhaus produziert haben als ihr DB-Pendant an der Vorderseite des Feuerraums. Den jugendlichen Heizer der 95 0024 kümmerte das alles offensichtlich herzlich wenig, er stand “gehörschutzlos” neben seinem Meister. Nach Abfahrt des Zuges, der immer noch als Eilzug lief, machten die Lichtverhältnisse nicht mehr so recht mit, es war Ende der Vorstellung. Ob ich in früheren Jahren jemals soviel Dampf an einem Tag zu Gesicht bekommen hatte?
(c) Hans van Poll - Am 4.8.1977 rechts auf dem Wartegleis 44 0221 (BMAG Berlin 11275/1939/1966) des Bw Saalfeld und in der Einfahrt nach Saalfeld aus Richtung Unterwellenborn jetzt auf dem richtigen Gleis wieder 44 0689 mit ihrem Güterzug.
oben (c) Hans van Poll - Ebenfalls in der Einfahrt nach Saalfeld Sekunden nach 44 0689 die 01 0505 mit Personenzug 5033 aus Jena-West. 01 0505 behält als eine von wenigen 01.0 (ehemals 01.5) ihre spitze Rauchkammertür bis zum Schluss.
links (c) Hans van Poll - Am 4.8.1977 ist der E 805 (Leipzig - Gera - Saalfeld), bereits für den 31.7.1977 am Haltepunkt Leipzig-Coppiplatz dokumentiert, in Saalfeld angekommen - wieder mit der Saalfelder Lok 01 0522. Die vorderen sechs Wagen des Zuges werden hier zur Weiterfahrt als Eilzug nach Sonneberg an eine 95 aus dem Bw Probstzella übergeben. Der Rangierer steht für das Ab- und Ankuppeln und die Bremsprobe auf die übernehmende Lok ganz links bereit.
oben
(c) Hans van Poll - Der Lokwechsel am Eilzug nach Sonneberg ist am 4.8.1977 auf 95 0024 vollzogen. 01 0522 hat inzwischen umgesetzt und rollt rückwärts Richtung Wasserkran im Bahnhofsbereich.
links (c) Hans van Poll - Der Lokführer der 95 0024 vom Sonneberger Eilzug trägt Gehörschutz gegen den Lärm des Ölbrenners.
(c) Hans van Poll - Der Eilzug nach Sonneberg ist abgefahren, die Sicht ist frei auf die 01 0522 am Wasserkran neben dem östlichen Saalfelder Personengleis.
(c) Hans van Poll - Unter dem Wasserkran am Saalfelder Bahnsteig ist am 4.8.1977, nach ihrer Leistung für das Personenzugpaar 8022/8023 Saalfeld - Oppurg, eine der nächsten mit Speisewasser zu versorgenden Loks die 95 0045.
5.8.1977: Mit der Bergkönigin in den Thüringer Wald
An diesem Tag sollte die 95’er zu ihrem Recht kommen, es ging nach Lauscha über die Höhen des Thüringer Waldes. Zuvor wollten der Autor und sein Reisebegleiter aus Leipzig sich die morgendlichen Pendlerzüge in Saalfeld anschauen.
Berufsverkehr in der DDR: Das hieß schon ein bisschen früher aufstehen als man zu Hause gewohnt war. So waren wir denn auch schon um sechs Uhr am Bahnhof, das Frühstück samt Kaffee in der Thermosflasche war für später vorgesehen, im Zug auf der Fahrt mit der 95.
Zu sehen gab es allerdings nicht allzu viel, das heißt: Es standen schon Dampfzüge zur Abfahrt bereit oder kamen in den Bahnhof hereingefahren, aber der so oft in dem Saaletal auftauchende Morgennebel nahm uns die Sicht auf die Dampfer. Der Leipziger Reisegefährte meinte aber: “Kein Grund zur Sorge, der ist bald weg”. Und so kam es denn auch. Versteckten sich auf den ersten Bildern die Dampfloks noch im Nebel, später trauten sie sich doch allmählich ans Tageslicht.
Nachdem die 65 1049 aus Arnstadt eingetroffen war, wurde nun die 01 0522, abfahrbereit mit dem E 800 nach Leipzig über Gera, auf die Platte gebannt.
Und auf einmal fiel sie auf, die Parole an einer Bude auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig. Da ist man nun die ganze Zeit auf die Dampflok fixiert und übersieht dann glatt
(c) Hans van Poll - Saalfeld im Morgennebel am 5.8.1977: 01 0513 steht abfahrbereit mit dem Personenzug 8012 nach Gera.
(c) Hans van Poll - 01 0522 fährt am 5.8.1977 rückwärts nach Saalfeld ein mit P 8003 aus Pößneck.
(c) Hans van Poll - Saalfeld am Morgen des 5.8.1977 wieder mit Lok 01 0522, nun im Einsatz vor E 800 nach Leipzig über Gera und mit Wandparole "Ruhm und Ehre der Arbeiterklasse der DDR und ihrer marxistisch-leninistischen Partei".
(c) Hans van Poll - Personenzug 18001 (Rudolstadt - Sonneberg) beim Halt in Saalfeld am 5.8.1977. Der Zug kam von Rudolstadt mit 95 0004 vorn und 95 0036 hinten. 95 0036 bleibt hier in Saalfeld zurück. 95 0036 (Hanomag 10251/1923) kam nach einer längeren Stationierung in Blankenburg (Harz) und ihrem Umbau auf Ölfeuerung im März 1967 endgültig zum Bw Probstzella. Am 11.4.1980 wurde sie dort ausgemustert.
die heilsbringende Botschaft, die einen daran erinnert, in was für ein Land man gereist war: Ruhm und Ehre der Arbeiterklasse der DDR und ihrer marxistisch-leninistischen Partei hieß es da in typischem Partei-Jargon. Übersehen wurde die Parole übrigens nicht nur vom ausländischen Photographen, die Einheimischen schien sie auch nicht sonderlich zu interessieren.
Und wieder gab es eine seltsame Zugkomposition zu bestaunen. Unser Zug, der P 18001, mit dem wir hinter einer 95 in Richtung Lauscha losdampfen sollten, begann seine Fahrt nicht – wie alle anderen Personenzüge in besagte Richtung – in Saalfeld; er kam schon aus Rudolstadt hereingefahren. Dazu war er zuvor mit seiner Garnitur dorthin gedampft und zwar mit vorne und hinten einer 95! Ob die elf Minuten Aufenthalt in Rudolstadt nicht ausreichten zum Umsetzen und man deswegen gleich an beiden Enden eine Lok ankuppelte?
Unser Zug fuhr bald los. Zuglok war 95 0004, die bis Saalfeld “nachschiebende” 95 0036 blieb hier zurück. Selten hat ein Frühstück besser geschmeckt als an diesem Tag: bei inzwischen strahlendem Sonnenschein im ersten Wagen am offenen Fenster sitzend und die Brötchen mit Kaffee aus der Thermosflasche verspeisend, während draußen die bullige 95 0004 nach jedem Unterwegshalt loslegte wie ein wilder Stier, der sich nach der Winterpause im Stall zum ersten Mal wieder auf der Wiese austoben darf.
Bei Probstzella kurz vor der abbiegenden Neubaukurve nach Westen ein verstohlener Blick nach Süden in den eigentlichen Grenzbahnhof, Fahrdraht und DB 194 erinnerten uns daran, dass der Grenzzaun zur BRD nicht weit war. Auch wem das nicht aufgefallen wäre, er hätte sicherlich die Trapo an Bord des Zuges bemerkt, die hin und her lief, solange sich der Zug im Grenzgebiet befand.
Erste Station unseres Tagesausflugs war der unbesetzte Haltepunkt Lippelsdorf, wo wir unserem Zug bei der Abfahrt zuschauten und gleich sahen, wie schroff die Steigung in Richtung Sonneberg war. Und da konnte man schon bemerken, dass gerade auf solchen
(c) Hans van Poll - 95 0004 ist soeben aus Lippelsdorf mit dem Personenzug 18001 (Rudolstadt - Sonneberg) abgefahren. 95 0004 (Borsig 11108/1922/1964), die wir oben schon vor einem Güterzug in Saalfeld angetroffen haben, war in ihrer DR-Zeit ununterbrochen bei Bw Probstzella und dortselbst seit November 1947. Zu ihrem Ende 1981 wurde sie dann sogar auch noch in Probstzella zerlegt.
(c) Hans van Poll - 95 0010 (Borsig 11114/1923/1967) am 5.8.1977 mit Güterzug in Richtung Probstzella auf dem Viadukt in Lippelsdorf.
(c) Hans van Poll - Am 5.8.1977 95 0043 (Hanomag 10258/1924/1966) bei der Einfahrt in den unbesetzten Haltepunkt Lippelsdorf mit Personenzug 18003 (Saalfeld - Sonneberg).
(c) Hans van Poll - Am 5.8.1977 passiert 95 0045 mit einem Güterzug den Piesautal-Viadukt bei Lichte-Ost aus Richtung Probstzella. Der Viadukt - 258 m lang und 34 m hoch - bedurfte schon 1977 einer dringenden Sanierung, es war nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt. Im darauffolgenden Jahr war die Strecke dann während Bauarbeiten am Brückenwerk im Sommer vorübergehend gesperrt.
(c) Hans van Poll - Lok 95 0014 (Borsig 11651/1923/1967) am 5.8.1977 auf dem Weg nach Saalfeld mit ihrem P 18004 aus Sonneberg kurz nach der Abfahrt aus Bahnhof Lichte-Ost.
Abschnitten die 95 in ihrem Element war. Mit Bravour donnerte sie in die Steigung hinein und war im Nu mit ihrem Zug verschwunden. Bei dem Viadukt wurden noch einige Dampfzüge beobachtet, bevor es mit dem nächsten Zug, dem P 18003, hinter der 95 0043 weiterging bis Lichte-Ost, wo Wasser gefasst werden musste. Kaum mehr als 40 Kilometer war er gefahren, da hatte der Bulle schon wieder Durst. Nun sind zwölf Kubikmeter auch nicht übertrieben viel für eine Lok vom Ausmaß einer 95, zumal wenn die in ihrem Alltagsdienst auch noch entsprechend hart hergenommen wird. So schafften wir, während die 95 ihren Durst löschte, noch den kurzen Gang auf die Straße zum 258 Meter langen Viadukt über das Piesautal und konnten die Maschine mehr oder weniger über uns hinwegfahren sehen. Anschließend suchten wir uns am gegenüberliegenden Hang einen schönen Fotostandpunkt auf mit Blick auf den gesamten Viadukt. Dort ließen sich ein paar Güterzüge ablichten.
Zurück zum Bahnhof Lichte-Ost, wo noch einige Dampfzüge verewigt wurden, bis am Nachmittag die 95 0037, auf dem Weg nach Sonneberg, den Hang heruntergerollt kam. Mit diesem Zug ging es nach Lauscha. Dort wurde das klassische Bild von der Einfahrt aus Richtung Sonneberg gemacht und dann ging es im P 18006 hinter der 95 0040 zurück in Richtung Saalfeld.
(c) Hans van Poll - Am 5.8.1977 kommt 95 0037 mit Personenzug 18005 (Saalfeld - Sonneberg) in Lichte Ost aus dem Beginn der Steigung Richtung Probstzella heraus. Die Steigung ist beachtlich, wir können auf die Dächer der letzten Wagen im Zug sehen. Auf verschiedenen Abschnitten geht es mit mehr als 30 ‰ hinauf.
oben und links (c) Hans van Poll - Am 5.8.1977 Wassernehmen für 95 0037 vor Personenzug 18005 (Saalfeld - Sonneberg) in Lichte Ost. Lok 95 0037(Hanomag 10252/1923/1966) gehörte dem Bw Probstzella von 1953 bis zu ihrer Ausmusterung im Juni 1978 an.
unten (c) Hans van Poll - P 18005 (Saalfeld - Sonneberg) hatte Lauscha erreicht. 95 0037 hat Kopf gemacht und zieht ihren Personenzug nun aus Lauscha heraus Richtung Sonneberg.
(c) Hans van Poll - In Lauscha fährt am 5.8.1977 Lok 95 0040 mit Personenzug 18006 aus Richtung Sonneberg ein. 95 0040 (Hanomag 10255/1924/1967) war ein Probstzella-Veteran. Schon 1925 bis 1929 einmal beim Bahnbetriebswerk, ging sie im Juni 1934 endgültig dorthin. Ihre Z-Stellung im Bw Probstzella am 3.11.1980 überstand sie dann noch einige Jahre, bis sie Ende 1985 in Meiningen zerlegt wurde.
In Kaulsdorf war allerdings ein längerer Halt vorgesehen, hier musste auf der jetzt eingleisigen Strecke – bis zur Demontage von zweitem Gleis und Oberleitung nach dem Krieg hatte es hier schon ein wenig anders ausgesehen – eine Kreuzung stattfinden mit dem E 805 aus Leipzig, dessen Kurswagen nach Sonneberg hier mit der 95 0014 durchgerattert kamen. Sie machte wohl das Beste daraus, aber diese “Schnellfahrt” auf der Flachlandstrecke an der Saale entlang war nicht direkt nach dem Geschmack der bulligen Tenderlok. (Mehr als Tempo 65 war übrigens sowieso nicht drin.) Es heißt ja, das solche Einsätze dem Rahmen der Loks alles Andere als gut taten.
In Saalfeld gab es, wie nicht anders zu erwarten, noch regen Güterverkehr mit der BR 44, aber auch mit der 01 0513! Die Einfahrt des P 4009 aus Halle/Saale, der ab Camburg mit der 01 0533 unterwegs war, setzte am Abend dem Treiben für heute jedoch ein Ende. Wieder war ein Tag voller Dampferlebnisse vorbei, wieder waren zahlreiche wunderschöne Aufnahmen “im Kasten”. Das hoffte man wenigstens.
(c) Hans van Poll - Am 5.8.1977 im Kopfbahnhof Lauscha: 95 0040 hat die Wagen, mit denen sie aus Richtung Sonneberg gekommen war, umgesetzt und steht nun am anderen Ende des Zuges, der als P 18006 zurück nach Saalfeld geführt wird.
oben und unten (c) Hans van Poll - Der Personenzug 18006 legt auf der eingleisigen Strecke eine längere Pause in Kaulsdorf ein, wo die Zugkreuzung mit dem E 805 (Kurswagen von Leipzig nach Sonneberg) stattfindet. Der E 805 fährt in Kaulsdorf durch und zieht hier am 5.8.1977 mit 95 0014 vorbei. Unten in der linken Bildhälfte im Hintergrund über der 95 0014 das Schloss Eichicht, wo zu DDR-Zeiten ein Lehrlingswohnheim der Reichsbahn untergebracht war.
(c) Hans van Poll - Zurück in Saalfeld mit dem letzten Bild des 5.8.1977: Lok 01 0533 läuft mit dem Personenzug 4009 aus Leipzig ein. 01 0533 hat den Zug, der über Jena geführt wird, ab Camburg am Haken. 01 0533, die 1964 sofort als Öl-Lok aus 01 116 rekonstruiert wurde, war seit 1973 Saalfelder Lok. Vor ihrer Ausmusterung in Saalfeld wurde die Lok auf Kohlefeuerung umgebaut und diente in Pößneck als Dampfspender. 1991 wurde die Lok Eigentum der ÖGEG und im Oktober 1992 wieder betriebsfähig gemacht.
(c) Hans van Poll - Erstes Bild am folgenden 6.8.1977: Einfahrt in Saalfeld des P 8033 aus Arnstadt mit der 65 1049.
(c) Hans van Poll - Am 6.8.1977 in Saalfeld wieder der P 18001 (Rudolstadt - Sonneberg) bei der Einfahrt, diesmal mit 95 0036 als Zuglok und 95 0040 hinten am Zug. Die "Schiebelok" bleibt in Saalfeld zurück.
6.8.1977: Abschied vom Saalfelder Dampfparadies
Für den Nachmittag war die Rückreise nach Leipzig angesagt, am Morgen war ein längerer Fototermin in Breternitz geplant, der ersten Station südlich von Saalfeld an der Strecke nach Sonneberg. Dort wurde eine Wiese als Fotostandpunkt gefunden, die einen wunderschönen Ausblick auf die vorbeifahrenden 95’er bot.
Beim Ausstieg im kleinen Ort mit dem einen Bahnsteiggleis genügte ein kurzer Blick auf die Strecke um uns klarzumachen, wo wir standen: An einer ehemaligen doppelgleisigen Magistrale, die kurz vor dem Zweiten Weltkrieg sogar Elektroloks begrüßen durfte. An die Elektrifizierung erinnerte jetzt so gut wie nichts mehr außer einem angeschweißten Mast auf der Saalebrücke, den die Sowjets bei ihrer rigorosen Demontagepolitik in den Nachkriegsjahren wohl nicht mitnehmen konnten. Und demontiert wurde natürlich nicht nur die Oberleitung, das breite Schotterbett kündete vom ehemals doppelten Gleis, von dem jetzt auch nur noch eines übriggeblieben war.
Die 95’er hatten an diesem Samstag allerhand zu tun.
So kam ein Kindersonderzug vorbei mit der 95 0025 in Richtung Saalfeld. Wo mögen die Jungen und Mädchen hingefahren sein? Vielleicht stand ihnen noch eine längere Tour an die Ostsee bevor (und hatten sie möglicherweise das Glück, auf der letzten Etappe ihrer Fahrt wiederum eine Dampflok in Form einer 03.10 zu Gesicht zu bekommen...). Ein anderer, nicht alltäglicher weil nur an Wochenenden verkehrender Zug war der E 2002 von Ludwigstadt DB bis Saalfeld, besser bekannt unter dem Namen “Kleiner Grenzverkehr”. Im Rahmen der Reiseerleichterungen im Zusammenhang mit dem Grundlagenvertrag zwischen Bundesrepublik und DDR aus 1972 wurden in verschiedenen grenznahen Regionen Reisezüge auf Kurzstrecken eingeführt, die den regionalen Grenzverkehr attraktiver machen sollten. Viel Zuspruch sollen diese Züge nicht gehabt haben, woran der nach wie vor obligate Mindestumtausch pro Person von 25,00 Mark West im Kurs 1:1 in 25,00 Mark Ost plus Visagebühren bei der Einreise in die DDR wohl beigetragen haben wird. So reichten denn auch schon zwei DB “Silberlinge”, in denen gleichwohl kaum jemand saß.
(c) Hans van Poll - Vor der Abreise nach Breternitz, der ersten Station südlich von Saalfeld an der Strecke nach Sonneberg, am 6.8.1977 noch ein Blick auf den Personenbahnhof Saalfeld mit der zurückgebliebenen "Schiebelok" 95 0040 vom P 18001.
(c) Hans van Poll - Am 6.8.1977 in Breternitz 95 0045 mit Güterzug Richtung Saalfeld.
oben (c) Hans van Poll - Unbekannte 95 am 6.8.1977 in Breternitz mit dem E 2002 (Ludwigsstadt DB - Saalfeld, "Kleiner Grenzverkehr"). Dieser Zug aus Bundesbahn-Silberlingen fuhr nur am Wochenende; morgens hin nach Saalfeld, abends wieder zurück.
rechts (c) Hans van Poll - 95 0045 am 6.8.1977 mit Güterzug durch Breternitz Richtung Saalfeld.
Um die Mittagszeit ging es zurück nach Saalfeld, wo auch an diesem Wochenende wieder viel Betrieb war. Von der Brücke wurde u.a. die rangierende 41 1025 beobachtet und am Bahnsteig die Abfahrt der 95 0025 nach Sonneberg sowie die 01 0520 mit ihrem P 4006 nach Leipzig über Jena. Aber als die losfuhr, war unser E 806 mit seinem Diesel schon längst auf dem Weg nach Leipzig.
Der Ortsname Saalfeld hatte inzwischen einen magischen Klag bekommen. Ich mag wohl damals schon geahnt haben: Hier wirst du noch mal wiederkommen. Und so geschah es denn auch: 1978, 1979 und 1980.
oben und unten (c) Hans van Poll - Zurück in Saalfeld zeigt der Fotostandpunkt auf der Straßenbrücke über der nördlichen Ausfahrt des Bahnhofs die Vorbeifahrt des einfahrenden P 4005 aus Leipzig mit 01 0519. Dieser Zug fuhr über Jena und kam also von der Saalebahn. Die Dampflok war erst ab Camburg am Zug.
(c) Hans van Poll - Nur Minuten später nach P 4005 - und auf der Straßenbrücke wieder einmal um 180° gedreht - bietet sich die Einfahrt des Personenzugs 3023 aus Leipzig. Der Zug wurde über Gera und die gesamte Strecke mit Dampf geführt., am 6.8.1977 mit 01 0501. Auf dem Wartegleis steht schon wieder, wie am 4.8.1977, Lok 44 0221.
(c) Hans van Poll - Aktivitäten am 6.8.1977 mit 44 0397 (Henschel 26006/1941/1965) im Saalfelder Heimat-Bw der Lok.
(c) Hans van Poll - Am 6.8.1977 Ausfahrt eines Güterzugs Richtung Gera mit 44 0324 (Borsig 15005/1941/1964).
(c) Hans van Poll - Vom Personenbahnhof Saalfeld aus gesehen am 6.8.1977 die Lokomotiven 95 0025 und 44 0567 in Gesellschaft mit einer weiteren soeben mit einem Güterzug nordwärts ausfahrenden 44.0. Lok 44 0567 (von Borsig unter 15408 im Jahr 1943 als 44 1569! gebaut und 1965 auf Ölfeuerung umgebaut) kam erst wenige Wochen vor dem Aufnahmedatum aus dem Bw Meiningen (26.9.1975 - 5.5.1977) zum Bw Saalfeld.
(c) Hans van Poll - Im Personenbahnhof Saalfeld am 6.8.1977 die schön herausgeputzte 95 0028. Für die Lok (Hanomag 10186/1923) ist seit 1929 fünffacher Kesseltausch dokumentiert. Anlässlich des letzten Kesseltausches September 1967 auf Borsig 11653/1923 aus der Lok 95 032 erfolgte auch der Umbau auf Ölfeuerung. Dem Bw Probstzella gehörte die Maschine von 1967 bis zu ihrer Ausmusterung 1983 an.
(c) Hans van Poll - Am 6.8.1977 das letzte Bild mit einer 95.0: P 18007 nach Sonneberg steht mit 95 0025 in Saalfeld zur Abfahrt bereit. Lok 95 0025 (Hanomag 10183/1923/1973) war, vor ihrer Ausmusterung - als Dampfspender in Eisenach - am 1.9.1980, bis Dezember 1978 beim Bw Probstzella. Wann sie nach ihrer Zeit in Blankenburg (Harz) vom 17.4.1953 bis 29.2.1972 nach Probstzella gelangte, ist gerade nicht überliefert.
c) Hans van Poll - Das allerletzte Bild vom 6.8.1977 aus Saalfeld mit 01 0520, die mit P 4006 (Saalfeld - Leipzig; bis Camburg mit Dampf) abfahrbereit steht.
(c) Hans van Poll - Am 7.8.1977, bei der Anreise zur Selketalbahn, strömender Regen und 03 2105 (Krupp 1274/1933/1969) des Bw Güsten mit P 3482 nach Halberstadt beim Halt in Aschersleben.
(c) Hans van Poll - Der 7.8.1977 war den Schmalspurigen gewidmet; hier aber noch ein paar Große des Tages, 50 3700 und 50 3629, beide Bw Halberstadt, in Gernrode mit Güterzug einen Gegenzug abwartend.
Als aus den Meldungen in der “Fachpresse” klar wurde, dass die “Großrädrigen” ihren letzten Schnaufer getan hatten, die 119’er endlich ins Laufen gekommen waren (und damit die 95 definitiv verjagt hatten) und ohnehin die Dampfleistungen immer spärlicher geworden waren, stand nach meinem Gefühl der (Kosten)aufwand nicht mehr im Verhältnis zum gebotenen Dampfprogramm mit den eher selten gewordenen Reisezugleistungen und dem auch geschrumpften Güterverkehr für die wiedergekehrten 41‘er. Vielleicht war ich auch durch die früheren Erfahrungen etwas verwöhnt geworden...
7.8.1977: Stippvisite bei der Selketalbahn
Nach den großen und eindrucksvollen Dampfrössern in Thüringen galt mein Interesse (und natürlich das meines Reisebegleiters Michael Schrödter aus Leipzig) an diesem Sonntag den zwar kleineren aber umso liebenswürdigeren Maschinen bei der “Selketalbahn” im Harz, damals noch eine Art “Inselbetrieb” im Harzer Schmalspurnetz, da die Verbindung zwischen Straßberg und Stiege zur Harzquerbahn noch nicht wiederhergestellt war. Die sollte noch bis 1983 auf sich warten lassen. Anno 2020 haben bekanntlich die HSB (Harzer Schmalspur Bahnen –“Die Größte unter den Kleinen”) auf dem gesamten Meterspurnetz in der Region das Sagen und sie kommen jetzt sogar nach Quedlinburg.
Die Wettergötter waren an diesem Tag anfangs ausgesprochen schlecht gelaunt. In Aschersleben, wo auf der Anreise beim Umsteigen auf einem Nachbargleis kurz die 03 2105 mit ihrem P 3482 von Halle nach Halberstadt abgelichtet werden konnte, goss es in Strömen. Und so wunderschön gepflegt die Lok auch aussah, auf dem Bild sind die Regenstriemen leider zu sehen.
Aber so düster sollte es gottlob nicht bleiben, bei der Ankunft in Gernrode war es bereits trocken.
Bevor es zur schmalspurigen Sache ging, musste noch ein Güterzug verewigt werden, der mit zwei Reko – Fünfzigern unterwegs war und für den in Gernrode eine Kreuzung auf der eingleisigen Strecke vorgesehen war. Danach war noch Zeit, sich im Bahnbetriebswerk der kleinen meterspurigen Bahn kurz umzusehen.
Gefahren wurde an diesem Tag mit drei Maschinen: der 99 5902, mit der später die Reise in den Harz vonstatten gehen sollte, sowie der 99 5906 – beides Mallet- Lokomotiven – und der 99 6001, einem Einzelgänger unter den Harzer Schmalspurloks. Natürlich liefen alle Maschinen im üblichen “Reichsbahn-look”: oben schwarz und unten rot und ohne seltsame Beschriftungen am Führerstand, so wie sich das damals nun einmal gehörte für eine Eisenbahn, die als Staatsbahn noch ihren Zweck als öffentliches Verkehrsmittel erfüllte. Mochten an diesem Sonntag auch noch so viele Ausflügler in den Zügen unterwegs sein, den Rummel, wie wir ihn auch damals schon von den Museumseisenbahnen her kannten, fehlte jedenfalls. Eine angenehme Empfindung.
Bis zur Abfahrt in Richtung Harz um 10.05 Uhr konnte noch die 99 5902 ausführlich unter die Lupe genommen werden. Es fiel sofort eine Besonderheit bei dieser Mallet-Lok auf: Das hintere Triebwerk besaß einen Außenrahmen. Das hatten alle ursprünglich von der “Nordhausen Wernigeroder Eisenbahn” (NWE) 1897 in Dienst gestellten zwölf Mallet-Maschinen, von denen zur Zeit der Ost-Reichsbahn nur noch fünf in Betrieb waren. Bekanntlich kamen in den fünfziger Jahren die 17 großen 1’E1’t - Neubaulokomotiven der Baureihe 99² hinzu.
Es lief an diesem Tag auch die 99 5906, die zwar der Schwesterlok sehr ähnlich sah, aber doch in einem Punkt einen großen Unterschied aufwies: Sie besaß beim hinteren Triebwerk nicht den bereits angesprochenen Außenrahmen, wie ihn die anderen Mallet-Loks hatten. Sie war im Grunde genommen auch keine ehemalige NWE-Maschine, sondern eine Heeresfeldbahnlok deutlich jüngeren Datums (1918), die allerdings schon seit 1920 auch zur Flotte der NWE – Mallet-Loks hinüberwechselte.
Ein anderer Außenseiter an diesem Tag war die 99 6001, eine Lok, die 1939 als Probelok für meterspurige Schmalspurbahnen von Krupp nach dem Muster der Einheitslokomotiven entwickelt worden war. Durch den Krieg unterblieb der Weiterbau dieser durchaus gelungenen und kräftigen Type und später kam die Lok dann zur Harzquerbahn, wo sie sich bis auf den heutigen Tag bestens bewährt. Aber zurück zum Betriebsablauf 1977.
Schon bald aber kam der erste Zug des Tages aus Richtung Alexisbad, eben mit der 99 6001, herein gefahren. Und gut zwanzig Minuten später ging es dann los. Auf in den Harz!
Unser Dampfzug, mit dem wir jetzt in Gedanken hinter der 99 5902 ins Gebirge fahren, benutzt die Strecke der ehemaligen “Gernrode – Harzgeroder Eisenbahn”, die 1887 und 1888 in zwei Phasen dem Betrieb übergeben wurde und auf einem Abschnitt dem kleinen Fluss Selke folgt – daher die gängige Bezeichnung “Selketalbahn”.
Es geht anfangs mit einer saftigen Steigung aus Gernrode heraus nach Sternhaus Ramberg, um dann wieder ins Gefälle zu tauchen, vorbei an Bahnhofen mit urig anmutenden Namen wie “Mägdesprung” und “Drahtzug” bis nach Alexisbad, einem Abzweigbahnhof. Hier verläuft die Route entweder nochmals mit kräftigem Anstieg ein paar Kilometer weiter bis zum Endpunkt Harzgerode oder weiter westwärts ohne größere Steigungen Richtung Straßberg, damals die andere Endstation der “Selketalbahn” (von Gernrode aus gesehen). Heute verläuft die Trasse wieder weiter nach Stiege und Hasselfelde, wo Anschluss an die Harzquerbahn (die frühere NWE) nach Eisfelder Talmühle besteht.
(c) Hans van Poll - 99 5902 hat den P 14452 am 7.8.1977 bis Alexisbad gebracht und muss, bevor sie die Fahrt mit ihrem Personenzug nach Harzgerode fortsetzen kann, noch an den Wasserkran.
(c) Hans van Poll - P 14452 (Gernrode - Harzgerode) setzt am 8.7.1977 mit 99 5902 seine Reise fort und verlässt den Trennungsbahnhof Alexisbad. Im Vordergrund die Strecke nach Straßberg.
(c) Hans van Poll - Auf der Strecke Alexisbad - Straßberg am 7.8.1977 der Personenzug 14453 (Straßberg - Gernrode) mit 99 5906 (Maschinenbau-Gesellschaft Karlsruhe 2052/1918 - Heeresfeldbahn 96 - NWE 41) nahe Alexisbad.
(c) Hans van Poll - Am 7.8.1977 führt 99 6001 auch den Personenzug 69725 von Straßberg nach Harzgerode, einen Zug also der nur die Zweigbahnen, die ostwärts von Alexisbad ausgehen, befährt. Der Zug ist soeben aus Alexisbad abgefahren, wo die Lok Kopf gemacht hat.
oben (c) Hans van Poll - Nahe Alexisbad. 99 6001 mit ihrem P 69714 (Gernrode - Straßberg)
Ziel unserer Dampffahrt war Alexisbad, von wo aus man etwas außerhalb des Bahnhofs den Zugverkehr auf beiden Seiten – nach Harzgerode bzw. Straßberg sowie nach Gernrode – im Auge behalten konnte. Obwohl der Fahrplan der Schmalspurbahn nicht direkt als “dicht” bezeichnet werden konnte, war doch in und um Alexisbad immer etwas los. Es gab nicht nur vorbeifahrende Züge von und nach Gernrode sondern auch welche, die – von einer der beiden anderen Endstationen kommend – den jeweiligen anderen Endpunkt anliefen mit Kopfmachen in Alexisbad. Die erhoffte Parallelausfahrt von Alexisbad nach Straßberg und Harzgerode gab es leider nicht, sie war im Fahrplan auch nicht vorgesehen. Inzwischen war längst die Sonne herausgekommen und es wurde so mancher schöne Schnappschuss auf die Platte gebannt. Am späten Nachmittag trafen sich zwei Züge in Alexisbad und mit einem wurde die lange Heimreise über Gernrode, von wo aus es wieder mit anderen Zügen normalspurig weiterging, nach Leipzig angetreten.
Noch oft habe ich mich kurz nach der Wende gefragt, was wohl von der “kleinen großen Eisenbahn im Harz” erhalten bleiben würde (wenn überhaupt) in Zeiten von Rationalisierung und Stilllegung von unrentablen Strecken durch die neue DB AG. Wir wissen heute, dass ich damals wohl zu vielen Unkenrufen gefolgt bin. Möge die Dampfbahn uns noch lange erhalten bleiben in der prachtvollen Harz-Landschaft!
oben (c) Hans van Poll - Die ehemalige Heeresfeldbahn-Lok und NWE 41 als 99 5906 in Alexisbad am 7.8.1977. Die Lok ist mit P 14456 aus Gernrode eingetroffen und schickt sich an zur Weiterfahrt nach Straßberg. Bei diesem Mallet-Typ hat das hintere Triebwerk einen Innenrahmen. Beschildert ist die Lok mit Nummernschildern der Vor-1970-Epoche mit "spitzen Ziffern" nach Norm 1938, die Kontrollziffer der datenverarbeitungsgerechten Loknummer von 1970 ist in Mittelschrift nach TGL 0-1451 von 1966 dazuschabloniert.
unten (c) Hans van Poll - Nahe Alexisbad ist jetzt 99 5906 mit Personenzug 14456 von Gernrode weiter nach Straßberg unterwegs. Zum Lokschilder-Thema: An der Rauchkammer trägt die Lok ein komplettes Schild nach Vorschrift 1970 mit Kontrollziffer, das sich jedoch aus spitzen Ziffern Typ 1938, die 99 der Baureihenbezeichnung, und aus Ziffern nach TGL 0-1451 , der ganze Rest, zusammensetzt.
(c) Hans van Poll -99 5902 am 7.8.1977 mit P 69716 (Gernrode - Harzgerode) beim Halt in Alexisbad. Lokschilder? An der Rauchkammer ganz nach Vorschrift 1970 in TGL 0-1451 Mittelschrift, an der rechten Führerhaus-Seitenwand mit Kontrollziffer auch komplett auf einem Blech aber in "spitzen Ziffern" von 1938.
oben
(c) Hans van Poll -99 5902 hat am 7.8.1977 nach der Fahrt mit P 69716 (Gernrode - Harzgerode) als Rückleistung von Harzgerode den P 69717 (Harzgerode - Gernrode) am Haken und hat hier mit ihrem Personenzug Alexisbad bereits wieder erreicht. Der Zug hat am Sonntag in Alexisbad einen Aufenthalt von 15 Minuten (an Werktagen 45 Minuten), die die Lok für eine Rangierfahrt zum Wasserkran nutzen muss. 99 5902 steht jetzt, schon wieder zur Weiterfahrt bereit, neben 99 5906, die mit P 69727 aus Straßberg eingelaufen ist und nach dem Kopfmachen nach Harzgerode ausfahren wird.
unten (c) Hans van Poll -P 69717 am 7.8.1977 auf dem Weg von Alexisbad nach Gernrode. 99 5902 liefert sich kurz nach der Ausfahrt aus Alexisbad ein Wettrennen mit Motorradfahrern. Ein ungleicher Kampf.
8.8.1977: Dresden und die Steigung bei Klotzsche
Grau und verhangen fing der heutige Tag an, Dresden stand auf dem Programm. Wie sagte doch mein Reisebegleiter aus Leipzig in unverfälscht sächsischer Mundart: "In Dräsd’n, do rächnet’s imma”. Und tatsächlich: Als die letzten Bilder des Tages am Nachmittag im Bahnhof Neustadt gemacht wurden, hatten die Wettergötter die Schleusen geöffnet. Obwohl: Wir wollen es nicht übertreiben, es goss nicht direkt in Strömen.
Als erstes Reiseziel am Morgen war der Bahnhof Dresden-Mitte vorgesehen, ein Haltepunkt zwischen den Bahnhöfen Hauptbahnhof und Neustadt, der sämtliche Züge in den Dampfrelationen zwischen Elbflorenz und Berlin oder Görlitz vorbeikommen sah. Hier gab es also schon einiges zu fotografieren, nur die Bedingungen waren nicht die besten, da der Bahnhof auf einem Viadukt in der Stadt lag und man seitlich nur wenig oder gar keinen Spielraum hatte. Züge außerhalb des Bahnhofs von unten aufzunehmen wäre nur bei den vom Hauptbahnhof kommenden Reisezügen sinnvoll gewesen, alle anderen Züge liefen auf den breiten Gleisanlagen zu weit weg, als dass man sie gut hätte aufnehmen können.
(c) Hans van Poll - Am 8.8.1977 fährt 52 8169 des Bw Bautzen mit einem Güterzug durch den Bahnhof Dresden-Mitte in Richtung Dresden-Neustadt. Die Lok wurde 1966 aus 52 1248 (DWM 676/1944) umgebaut und erlebte noch als "052 169" die Zusammenführung des Fahrzeugparks von DB und DR. Im Jahr ihrer Ausmusterung 1992 wurde die Lok an das Deutsche Dampflok- und Modelleisenbahnmuseum Tuttlingen verkauft. Hersteller der 52 1248 DWM sind die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, Werk Posen, denen die Aktiengesellschaft Cegielski vor Ort nach ihrer Beschlagnahmung 1939 verkauft worden war.
oben (c) Hans van Poll - Die Görlitzer Lok 03 2214 (Berliner Maschinenbau-Actien-Gesellschaft BMAG vormals L. Schwartzkopff 10444/1935/1973) trifft am 8.8.1977 mit P 3806 (Görlitz - Dresden Hbf) zum kurzen Halt in Dresden-Mitte ein. Der Zug führt nur die Zweite Wagenklasse.
(c) Hans van Poll - D 671 (Berlin- Schönweide - Dresden) fährt am 8.8.1977 mit 01 1512 des Bw Berlin- Ostbahnhof durch Dresden-Mitte. Die Lok, der wir hier in diesem Bericht am 1.8.1977 in Berlin schon einmal begegnet sind, wurde 1963 aus der Lok 01 175 (Henschel & Sohn, Kassel 22723/1936) umgebaut.
(c) Hans van Poll - Durchfahrt von 03 2002 des Bw Görlitz als "Leerfahrt ohne Zug" durch Dresden- Mitte in Richtung Dresden- Neustadt am 8.8.1977. Die 1930 von Borsig, Berlin unter 12252 gebaute Lok erhielt 1972 den Verbrennungskammerkessel 58/1959 des RAW Halberstadt aus 39 1062 (22 062), wurde 1983 ausgemustert und 1994 an die Eisenbahn-Betriebs- Gesellschaft mbH verkauft. Zwischen Januar 2000 und Februar 2001 wurde die Lok in Meiningen rollfähig aufgearbeitet und als Torso ohne zahlreiche Anbauteile mit einer rot lackierten Stromlinienverkleidung versehen. Als "03 193" wird die Lok seit März 2001 im Eisenbahn- und Technikmuseum Prora ausgestellt.
(c) Hans van Poll - Durchfahrt des ISTROPOLITAN D 378 (Bratislava - Berlin-Ostbahnhof) mit der Dresdener 01 2066 (BMAG 9020/1928) am 8.8.1977 durch Dresden-Mitte.
(c) Hans van Poll - 52 8056 durchfährt am 8.8.1977 leer ohne Zug den Bahnhof Dresden-Mitte in Richtung Hbf. Die Lok wurde 1962 aus 52 6778
(Lokomotivfabrik AG, Wien-Florisdorf 16231/1943) umgebaut. Seit ihrer Ausmusterung 1988 ist die Lok Denkmal in Bautzen.
(c) Hans van Poll - Auch in Richtung Dresden Hbf ist am 8.8.1977 in Dresden-Mitte 52 8062 aus dem Bw Kamenz (Sachs) mit einem Güterzug unterwegs. 52 8062 wurde 1962 aus der Lok 52 2467 (Henschel & Sohn, Kassel 27635/1943) umgebaut. Die Ausmusterung der Lok erfolgte 1992, danach ging sie in Privatbesitz. Seit 1995 ist die Lok als Denkmallok nicht öffentlich zugänglich auf dem Gelände des Gerätewerks
Treuenbrietzen
aufgestellt.
Es kamen einige mit Loks der Baureihe 52.80 bespannte Güterzüge und auch der ISTROPOLITAN D378, von Bratislava nach Berlin-Ostbahnhof unterwegs, kam mit einiger Verspätung hinter der gemächlich daherrollenden 01 2066 vorbei. Aus Görlitz ließ sich die 03 2114 blicken, die mit ihrem Bummelzug für die 106 Kilometer von der Neiße an die Elbe fast genau drei Stunden gebraucht hatte.
Um die Mittagszeit wurde der Ort der Handlung nach Dresden-Klotzsche verlegt, wo die Züge vom Elbtal heraus Richtung Bischofswerda und weiter nach Osten eine kräftige Steigung überwinden müssen. Leider enttäuschte der Zugverkehr ein wenig. (Ob es am Montag lag?) Einige talwärts fahrende Lz – 52.80 sowie ein ebenso sang- und klanglos passierender Güterzug in derselben Richtung und nur ein einziger bergwärts fahrender Dampfzug, damit mussten wir uns begnügen. Und bei genauem Hinschauen sieht der eingefleischte Dampflokliebhaber, dass Zuglok 52 8056 zwar schön qualmt, aber die Rauchwolke sozusagen hinter sich her zieht. Hätte die Lok hier richtig “ran” gemusst, dann hätten wir einen stattlichen vertikalen Rauchpilz gesehen. Auch akustisch hätte der Dampfzug weit stärker und vor allem viel früher von sich reden gemacht. Die “Taigatrommel” am Schluss des Zuges leistete wohl den Löwenanteil der Arbeit. Aber, das Foto ist trotzdem sehenswert.
(c) Hans van Poll - 52 8056, die uns soeben in Dresden-Mitte leer ohne Zug auf ihrem Weg nach Dresden Hbf begegnete, ist hier am 8.8.1977 mit Güterzug auf der Steigung bei Dresden-Klotzsche bergwärts in Richtung Osten unterwegs.
(c) Hans van Poll - Am 8.8.1977 rollt 52 8007 des Bw Bautzen mit ihrem Güterzug talwärts auf der Steigung bei Dresden-Klotsche. Die Lok wurde 1960 aus 52 2550 (Henschel 27728/1943) rekonstruiert und trägt hier einen der Neubaukessel, der wegen der hinter dem zweiten Sanddom angeordneten Dampfverteilung eine henkelförmige Rohrverbindung über den Sandom hinweg zurm Absperrventil am Dampfdom aufweist.
oben (c) Hans van Poll - Die 1963 aus der Lok 52 4501 (DWM, Posen 817/1944) umgebaute 52 8094 mit P 3813 von Dresden Hbf nach Bautzen abfahrbereit in Dresden- Neustadt am 8.8.1977. Lok mit "Henkel".
(c) Hans van Poll - Ausfahrt des Personenzugs 3813 (Dresden Hbf - Bautzen) am 8.8.1977 mit 52 8094 aus Dresden Neustadt.
“Wir nehmen eine Abkürzung durch den Wald”, sagte der Leipziger Freund, als wir nach einiger Zeit zu Fuß zurück nach Dresden wollten. Und kaum waren wir eine halbe Stunde unterwegs, da tauchte zwischen den Bäumen ein Gebäudekomplex auf, der einer Kaserne nicht unähnlich sah. Auf meine Frage, ob wir gut daran täten, da so mir nichts dir nichts dran vorbei zu marschieren, hieß es: “Keine Angst, das sind die Russen. Die sind halb so wild wie unsere eigene NVA”. Trotzdem blieb ein mulmiges Gefühl; nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn ein Sowjet-Soldat des Großen Bruders uns nach unseren Papieren gefragt und womöglich die Volkspolizei alarmiert hätte, wenn ich mit meiner Fotoausrüstung auch noch einen niederländischen Pass hätte vorzeigen müssen. Aber die Russen genossen während der Mittagspause wohl ihre Tasse Soljanka.
Am Nachmittag war der Bahnhof Dresden-Neustadt Ort des Fotogeschehens, aber wie bereits erwähnt, setzte hier der Regen ein. Einen Personenzug nach Bautzen haben wir hier noch gesehen und dann ging es schon zurück in die Messestadt. Das Abendessen bei den Schrödters in Leipzig wollte noch genossen werden. Bevor das aber geschehen konnte, stand im Leipziger Hauptbahnhof die bestens gepflegte Saalfelder 01 0533 abfahr- und fotografierbereit mit dem E 807, dem letzten dampfgeführten Durchläufer des Tages von Leipzig in die Saalestadt. Und das bei strahlendem Sonnenschein, worauf mich der Leipziger Eisenbahnfreund ganz dezent aufmerksam machte. Leipzig und Dresden: Auch wettermäßig gibt es “Differenzen”!
Zwei Tage später waren Dresden und Umgebung wiederum Zielort; die 01 kam jetzt etwas mehr “zum Zuge”. Und das Wetter? Ach, in Dräsd’n...
9.8.1977: Leipziger Umgebung
Ein Tag zum Ausruhen in Leipzig, wir nahmen uns eine Art “Auszeit”.
Was nicht hieß, dass es nicht auch am heutigen Tag zeitig an die Strecke ging. Der D 1000 wollte mit seiner 03 verewigt werden. Es war dies einer der Züge im Rahmen des “Städteschnellverkehrs”, welche in den frühen Morgenstunden die damaligen Bezirkshauptstädte der DDR mit Ost-Berlin verbanden. Die Städteschnellverkehre, deren Einführung sich genau mit Erscheinen dieses Reiseberichts zum Oktober 2020 zum sechzigsten Mal jährt, hatten eine derartige Fahrplanlage, dass die Bonzen schon früh zur Besprechung in der “Hauptstadt der DDR” erscheinen konnten. Das bedeutete für die Genossen in Gera schon eine Abfahrt um 6.15 Uhr. (Noch schlimmer dran waren übrigens die Kollegen aus Suhl: Ihr D 1050 fuhr bereits um 5.24 Uhr ab und hatte seine Reise in Meiningen begonnen.) Ab etwa fünf Uhr am Nachmittag ging es dann jeweils wieder heimwärts in die Provinz.
Der D 1000, der um halb acht im Leipziger Hauptbahnhof einlaufen sollte, wurde bei der Elsterbrücke abgepasst. Leider hingen über den Flussauen noch morgendliche Nebelfelder, hinter denen sich die Dampflok ein wenig versteckte.
Im Laufe des Morgens sollten in der Nähe von Leipzig-Möckern zwei Saalfelder Züge kurz nacheinander passieren. Der P 3020 hatte schon in aller Herrgottsfrühe um 5.22 Uhr die Saalestadt verlassen und klapperte auf der Geraer Strecke alle Unterwegshalte ab, bevor er um 9.39 Uhr in Leipzig Hauptbahnhof einlief. Im E 800, der dieselbe Route befuhr und nur die zweite Wagenklasse führte, ging es erst um 7.02 Uhr in Saalfeld los. Aber in Leipzig saß er dem P 3020 fast im Nacken: Nur drei Minuten später kam der E 800 in der Messestadt an.
oben (c) Hans van Poll - Wieder die Saalfelder 01 0505 mit der spitzen Rauchkammertür am 9.8.1977 diesmal vor P 3020 (Saalfeld - Leipzig Hbf) bei Leipzig-Möckern. Im Vergleich zum Foto unten sehen wir, dass die Lok auf der Heizerseite noch eine vollständig geschlossene Frontschürze besaß. Lok 01 0505 war ein Umbau aus 01 121 (Krupp 1418/1934) von 1962 und wurde nachträglich 1966 mit Ölfeuerung versehen.
(c) Hans van Poll - Die Saalfelder Lok 01 0522, die sich in diesem Bericht mehrfach in Szene gesetzt hat, kommt hier bei Leipzig-Möckern am 9.8.1977 erneut, wie am 5.8.1977, mit E 800 (Saalfeld - Leipzig Hbf) daher.
01 0522 entstand durch Umbau der Henschel-Lok 01 184 (22927/1936) im Jahre 1964 und wurde zugleich mit Ölfeuerung ertüchtigt.
Für uns als Fotografen war das nicht in jeder Hinsicht erfreulich, gab es doch kaum eine Möglichkeit, zwischendurch den Standort zu wechseln. Dasselbe Problem gab es um die Mittagszeit. Um 12.57 Uhr kam der E 802 (Saalfeld – Leipzig, mit Kurswagen aus Sonneberg), der ebenfalls über Gera gefahren war, im Hauptbahnhof an, während der D 504 (Saalfeld – Berlin-Lichtenberg) die Saalebahn benutzt hatte. Er hatte seine Fahrt vierzig Minuten später angetreten, war aber vier Minuten früher in der Messestadt (12.53 Uhr).
Mit zwei Bummelzügen durften die beiden 01.0 vom Morgen wieder über Gera zurückreisen. Der erste Zug P 3023 verließ Leipzig kurz nach halb elf, knapp anderthalb Stunden später fuhr der P 3025 ab. Endlos lange Fahrten standen dem Reisenden bevor (wenn der denn überhaupt die ganze Strecke mitfahren wollte oder musste). Der P 3023 brauchte für die gut 141 Kilometer satte vier Stunden und zwei Minuten. Aber für den P 3025 reichte diese Reisezeit noch bei weitem nicht: Der war von exakt ein Uhr mittags bis 18.19 Uhr unterwegs, was nicht verwunderte beim Blick in den Fahrplan. In Pegau war Aufenthalt von 13.54 bis 14.10 Uhr, in Zeitz: von 14.41 bis 14.53 Uhr und in Gera stand er fast eine Stunde (15.35 – 16.32 Uhr).
(c) Hans van Poll - Am Fotostandpunkt bei Leipzig-Möckern kommen im Minutenabstand vorbei: oben 01 0529 mit D 504 (Saalfeld - Leipzig - Berlin-Lichtenberg). Der Zug, der die Saalebahn benutzte, erreichte Leipzig um 12.53 Uhr und war damit vier Minuten eher in der Messestadt als E 802 , der über Gera fuhr und Saalfeld 40 Minuten früher verlassen hatte. E 802 (Saalfeld - Leipzig Hbf mit Kurswagen aus Sonneberg) unten mit 01 0525.
Die Saalfelder 01 0529, der wir in diesem Bericht noch nicht begegnet waren, wurde 1964 aus 01 205 (Henschel 23257/1937) umgebaut und läuft hier kurzzeitig mit einem improvisiert anmutenden Nummernschild an der Rauchkammertür.
(c) Hans van Poll -Vorbeifahrt der 01 0522, die mit E 800 nach Leipzig gekommen war, auf der Rücktour nach Saalfeld mit P 3025 bei Leipzig-Möckern am 9.8.1977. Der Nachschuss präsentiert noch etwas mehr vom mitlaufenden, modernisierten ehemaligen Reichspost-Paketwagen 3804 von 1926: DP 505090 11475-0 Post3 a-cI/10 - offensichtlich dreiachsig (a), nur Paketraum ohne Begleitabteil (cI), Kastenlänge 10m (10).
Die beiden schnellen Renner, die um die Mittagszeit aus Saalfeld eingetroffen waren, fuhren über Gera am Nachmittag bzw. frühen Abend wieder in ihre Saaleheimat zurück mit dem E 805 (Abfahrt Leipzig um 16.10 Uhr; in Saalfeld um 18.47 Uhr Übergabe der Kurswagen nach Sonneberg an eine 95 aus Probstzella) und mit dem E 807, der von 17.50 bis 20.39 Uhr unterwegs war. Für einen schnelleren Eilzug immer noch keine berauschenden Fahrzeiten, aber die Geraer Strecke war nun mal auf längeren Abschnitten eingleisig und somit mussten Kreuzungen berücksichtigt werden.
Im Sommer 1977 gab es am Nachmittag noch eine kleine Überraschung. Der Personenzug 3034 (Saalfeld – Leipzig-Leutzsch) machte seine Fahrt hinter einer Zeitzer 65.10, ein richtiger “Langlauf” für die Tenderlok. Es war dies einer der Personenzüge aus Richtung Gera, die
(c) Hans van Poll - Lok 65 1058 (VEB Lokomotivbau Karl Marx, Babelsberg 121058/1957) vom Bw Leipzig Hbf-West, Einsatzstelle Zeitz, mit Personenzug 3034 (Saalfeld - Leipzig-Leutzsch) am 9.8.1977 kurz vor dem Zielbahnhof bei Leipzig-Lindenau. Ein bemerkenswerter "Langlauf" für eine 65.10.
(c) Hans van Poll - Ebenfalls bei Leipzig-Lindenau am 9.8.1977 aufgenommen ist die 01 0529 mit ihrer Rückleistung von Leipzig nach Saalfeld als E 805 mit den Kurswagen nach Sonneberg.
nicht bis zum Leipziger Hauptbahnhof durchfuhren, in Leutzsch musste der Reisende auf die S-Bahn umsteigen. Da aber im besagten Leipziger Vorortbahnhof keine Drehscheibe vorhanden war, musste für die Dampfzüge, die hier endeten, eine Tenderlok herhalten. Mit Ablauf des Sommerfahrplans 1977 waren diese Einsätze der 65.10 zu Ende.
Am nächsten Tag stand nochmal die Gegend in und um Dresden auf dem Programm.
10. und 11.8.1977: Dresden im zweiten Durchlauf
und eine 58.30 in Oschatz
Wir wollten es am 10.8. in Dresden nochmal versuchen, nachdem der erste Besuch dort zwei Tage zuvor vom Wetter her gesehen nicht direkt geglückt war. Der heutige Versuch erwies sich aber eher als eine Versuchung, und zwar der Wettergötter, und wer sich mit denen anlegt, sollte wissen, was er tut.
Wir kriegten es also schon bald heimgezahlt. Anfangs war die Witterung noch neblig trüb, im Laufe des Vormittags setzte dann der Regen ein, der uns den ganzen restlichen Tag treu begleitet hat.
Trotzdem: Auch bei trübem oder gar nassem Wetter war es beeindruckend zu sehen, mit was für Geschwindigkeiten die 01-Maschinen (Altbau und Reko) mit ihren manchmal recht schweren Zügen vorbeigebrettert kamen. Es sollte im Sommer 1977 ihr letzter Umlauf auf der Paradestrecke Berlin – Dresden werden und zugleich ein großes Finale für die legendäre Einheitslok Wagnerscher oder Baumbergscher Prägung. Denn was die nach dem September 1977 bei der Reichsbahn noch im Einsatz verbliebenen 01-Maschinen zu leisten hatten, war – von wenigen Ausnahmen abgesehen – im Grunde nur noch ein billiger Abklatsch dessen, was ihnen zuvor zwischen Elbflorenz und der Hauptstadt zugemutet wurde.
(c) Hans van Poll - Auf der Strecke Berlin - Dresden bei Niederau taucht aus der trüben Nebelbrühe des frühen 10.8.1977 die Dresdener 01 2207 (Krupp 1611/1937) auf mit D 1071 STÄDTESCHNELLVERKEHR (Berlin-Ostbahnhof - Dresden Hbf).
unten (c) Hans van Poll - Aus der Gegenrichtung kommt in Weinböhla 01 2118 (Krupp 1415/1934) des Bw Dresden mit Höchstgeschwindigkeit herangebraust. Sie befördert am 10.8.1977 den D 378 ISTROPOLITAN (Bratislava - Berlin-Ostbahnhof).
Kann es sein, dass eine von weit her herandonnernde Dampflok während der Vorbeifahrt bei Tempo 120 mit ihrem wild wirbelnden Triebwerk einen nachhaltigeren Eindruck hinterlässt als ein nur so mit 300 km/h dahin sausender ICE?
In Weinböhla war dieses Spektakel auch noch in eine Ortsdurchfahrt eingebettet. Vor allem der ISTROPOLITAN (D 378 Bratislava – Berlin-Ostbahnhof) kam mit einer derartigen Mordsgeschwindigkeit herangebraust, dass man sich fragt, wie den Männern auf solchen Loks, welche als Zwillinge – für den Laien: gemeint sind Zweizylinderloks – einen notorisch unruhigen Lauf bei hohen Geschwindigkeiten besaßen, am Ende einer Schicht zumute gewesen sein muss. “Durchgerüttelt” ist wohl der erste Begriff, der einem dabei einfällt.
Im Verlauf des Vormittags regnete es doch dermaßen, dass ein Unterschlupf in einer Wartebude auf einem Bahnsteig vonnöten war. Gewartet wurde auf den METROPOL (D 1274, Budapest – Rostock), der Dresden Neustadt gegen zwölf Uhr mittags verlassen sollte und auch eine 01 vorne dran haben musste. Aber er war mal wieder zu spät, was hieß, dass man nun überhaupt keine Ahnung hatte, wann dieser Langstreckendurchläufer denn nun wohl in Erscheinung treten würde: fünf, zehn oder zwanzig Minuten später? Oder eine Stunde oder noch mehr? Problem war auch, dass unsere Bude seitlich “zu” war, also keine Sicht auf die Strecke bot. Und wenn er denn letzlich käme, würde er in null komma nix vorbeidonnern.
(c) Hans van Poll - Dem D 378 mit 01 2118 folgt, reichlich spät, der D 1274 METROPOL (Budapest - Rostock). Die 01 2207 kommt im Regen mit einem derartigen Tempo durch Weinböhla als wolle sie die Verspätung, die der Zug aller Wahrscheinlichkeit nach schon früh am Tag eingefahren hat, bis Berlin wieder wettmachen. Der METROPOL fuhr über Berlin-Ostbahnhof. 01 2207 gehörte vom 18.1.1967 bis zu ihrer Z-Stellung dem Bw Dresden an und war eine Krupp-Lokomotive von 1937, Fabrik-Nr. 1611.
Und so kam, was kommen musste: Wir hörten auf einmal ein Rummeln in der Ferne, sprangen sofort aus unserem Wartehäuschen – Zeit zum Einstellen der Kamera war nicht mehr gegeben – und da flitzte sie auch schon vorbei, die Lok 01 2207 mit ihrem Fernzug von Ungarn an die Ostsee. Gottlob war zuvor auf der Kamera die Entfernung – wie später festgestellt werden konnte – richtig eingestellt, was allerdings nicht der Fall war mit der Belichtung. Aber mit der modernen Scantechnik und den Fotobearbeitungsprogrammen lässt sich eine Menge korrigieren.
Was natürlich nicht gilt für den größten Patzer, der dem Autor dieser Zeilen während seiner gesamten DDR-Reise unterlaufen ist: Im Eifer des Gefechts sprang er beim Auftauchen des Dampfzuges seinem Leipziger Fotofreund regelrecht vor die Kamera. Das brachte mir einen Tadel ein, dessen Wortlaut ich hier nicht veröffentlichen kann. Und so komme ich auch nach dreiundvierzig Jahren nicht umhin zu sagen: Michael, falls Du diese Zeilen lesen solltest, es tut mir auch heute noch aufrichtig Leid, dass ich Dir die Aufnahme damals vermasselt habe!
(c) Hans van Poll - Am 10.8.1977 in Radebeul-Ost mit Bildern von der Schmalspurbahn Radebeul - Radeburg. Lok 99 1786 mit P 14214 nach Radeburg abfahrbereit am Bahnsteig und bei der Ausfahrt. 99 1786 ist die DR-Neubau-750 mm-Lokomotive 99 786 von 1953. Sie wurde vom Lokomotivbau Karl Marx unter modernen Konstruktionsprinzipien nach dem Vorbild der Einheits-Schmalspurloks von 1928 der alten Deutschen Reichsbahn in einer Serie von 24 Exemplaren für die DR gebaut. 99 1786 gehörte nicht zu den 1991/1992 modernisierten 14 Lokomotiven, kam aber noch am 1.1.1992 als 099 750 (!) zur Deutschen Bahn.
(c) Hans van Poll - 01 1511 am 10.8.1977 mit ihrer Rückleistung zum D 671 durch Radebeul-Ost: D 370 PANNONIA EXPRESS (Sofia - Berlin-Ostbahnhof) zur Überraschung planmäßig und im flotten Tempo.
Den Nachmittag haben wir zunächst auf dem Bahnhof Radebeul-Ost verbracht, wo ein Schmalspurzug nach Radeburg verewigt wurde. Dort kam mit der 01 1511 im strömenden Regen auch der D 370 PANNONIA EXPRESS vorbei (Sofia – Berlin-Ostbahnhof), der merkwürdigerweise auf die Minute pünktlich war.
In Dresden Neustadt wurde der schon zwei Tage zuvor beobachtete Bummelzug nach Bautzen mit seiner 52.80 auf die Platte gebannt. Es zeigte sich auch die altehrwürdige 01 2066 – heute natürlich als Museumslok in den zuverlässigen Händen des Bayerischen Eisenbahnmuseums bestens bekannt – mit dem D 1076 nach Berlin-Ostbahnhof. Die Lok wurde gut ein Jahr später ausgemustert, und zwar exakt eine Woche vor ihrem fünfzigsten Geburtstag. Auch sie würde am 10.8.1977 trotz ihrer 49 Jahre abends wieder ran müssen.
(c) Hans van Poll - In Dresden-Neustadt dampft am frühen Nachmittag des 10.8.1977 die 52 1404 vorbei in nördlicher Richtung. Die Lok hat zwar einen Mischvorwärmer, sie gehört aber nicht zu den Reko 52.80-Maschinen, wie es schon die Domanordnung auf dem Kessel verrät. 52 1404 wurde im Rahmen einer Generalreparatur 1960 am Originalkessel mit MV-Anlage ausgerüstet.
oben und unten(c) Hans van Poll - Ankunft und Abfahrt des Personenzugs 3813 (Dresden Hbf - Bautzen) am 10.8.1977 in Dresden-Neustadt mit 52 8056, die uns bereits am 8.8.1977 mit Güterzug auf der Steigung bei Dresden-Klotzsche begegnete.
oben und unten(c) Hans van Poll - Lok 01 2120 vor dem D 1076 STÄDTESCHNELLVERKEHR (Dresden Hbf - Berlin-Ostbahnhof) in Dresden-Neustadt am 10.8.1977. Dresden-Neustadt - Berlin-Schönefeld Zentralflughafen: 166,2 km in 104 Minuten, das ergibt eine mittlere Reisegeschwindigkeit von annähernd 96 km/h ...
Leider hatten sich die Wetterverhältnisse derart verschlechtert, dass gegen halb sechs am Abend die Lampen unter der Bahnhofshalle vollauf brannten, aber der Kamera das Tageslicht fehlte. Als einige Minuten später dann die 01 2118 wieder auftauchte mit ihrem D 1275 (dem METROPOL in die Gegenrichtung) machte ihr Lokführer alles noch schlimmer mit der munteren Behauptung, er sei in Berlin bei Kaiserwetter losgefahren. Wetter hin, Wetter her: Die Erinnerungen an die großen Leistungen der 01 zwischen Dresden und Berlin bleiben, auch wenn wir nur einen Zipfel davon mitbekommen haben.
Der 11. August sollte der letzte Tag in der DDR sein, für den nächsten Tag war die Rückreise geplant.
Oschatz – gut fünfzig Kilometer von Leipzig entfernt an der elektrischen Hauptstrecke nach Dresden – wurde als Ziel des Ausflugs ins Visier genommen. Nach längerer Wartezeit tauchte dort auf einmal, von Osten her kommend, ein Dampfzug auf: Die Riesaer 58 3014 schnaufte mit einem Güterzug in den Bahnhof herein und machte da erst einmal Pause. Danach rangierte die Lok etliche Male vom einen zum anderen Bahnhofsende und wieder zurück, um schließlich die Reise in westlicher Richtung fortzusetzen. Bei der Abfahrt war der eigenartige Takt dieser Dreizylinderlok deutlich zu hören.
oben(c) Hans van Poll - Einfahrt der 58 3014 des Bw Riesa nach Oschatz am 11.8.1977 mit Güterzug aus Richtung Dresden. Die 1959 als 58.30 rekonstruierte Maschine wurde 1920 von Borsig unter der Fabrik-Nummer 10671 gebaut und noch mit der preußischen Bezeichnung Essen 5624 in Dienst gestellt und bei der alten Deutschen Reichsbahn schließlich als 58 1675 geführt.
links(c) Hans van Poll - 58 3014 rangiert am 11.8.1977 in Oschatz. Gelegenheit der Lok auch einmal auf den Kessel zu schauen. Unten im Bild der Deckel des Mischkastens vom Vorwärmer mit dem Rohrstutzen, aus dem soeben überschüssiger Dampf abgeleitet wird.
oben(c) Hans van Poll - 58 3014 rangiert weiter in Oschatz am 11.8.1977. Lokomotiven der BR 58.30 liefen mit verschiedenen Tender-Typen; 58 3014 ist hier einmal mit einem Einheits-Tender 2'2' T 34 gekuppelt.
(c) Hans van Poll - 58 3014 verlässt Oschatz am 11.8.1977, wieder mit Güterzug, in westlicher Richtung.
Wer aber die Bezeichnung “Oschatz” erwähnt, knüpft daran sofort den Ortsnamen “Mügeln”.
Einst Teil des umfangreichen Mügelner 750 mm Schmalspurnetzes, war 1977 auf der Strecke Oschatz – Mügeln leider nur noch ein kümmerlicher Betrieb in Form von gelegentlichem Rollbockverkehr mit Regelspurgüterwagen zu sehen. Dafür machte sich noch immer die sächsische Schmalspurlok schlechthin, die IV K, nützlich. Diese Gelenklok mit zwei beweglichen Triebwerken der Bauart Meyer, bei denen die Zylinder in der Mitte liegen – anders also als bei Malletloks, bei denen das hintere Triebwerk fest im Rahmen gelagert ist – bewährte sich auf den sächsischen Schmalspurstrecken hervorragend. Eine weitere Besonderheit bei den Maschinen in Oschatz war auch die noch immer vorhandene Heberlein-Bremse, erkennbar an der langen Leine nach vorn und hinten über Kessel und Führerhausdach.
Um die Mittagszeit machte sich die 99 1566 mit einem Güterzug auf die Reise nach Mügeln. Der Zug konnte auf der Brücke über das Flüsschen Döllnitz verewigt werden und dampfte munter an den beiden Fotografen vorbei. Bei dem auch heute recht feuchten Wetter gab es reichlich viel Dampf, der allerdings wohl die Sicht auf den eigenartigen Meyer-Antrieb nahm.
oben und unten (c) Hans van Poll - 1977 ein Blick auf den Restbetrieb der Schmalspurstrecke Oschatz - Mügeln: Die seit 1967 in Nossen stationierte 99 1566 überquert am 11.8.1977 die Brücke über die Döllnitz und fährt durch die Innenstadt von Oschatz mit einem Güterzug nach Mügeln. Gut zu sehen ist das Seil, das sowohl nach hinten als auch über dem Kessel nach vorn verläuft zur Bedienung der Heberlein-Bremse.
99 1566 gehört als die ehemalige 99 566 zur dritten Bauserie von 1909 der zahlenmäßig mit 96 Exemplaren größten, jemals gebauten Schmalspur-Dampfloktype in Deutschland, der sächsischen IV K. Sie wurde von der Sächsischen Maschinenfabrik , vorm. Rich. Hartmann, in Chemnitz mit der Fabrik-Nr. 3320 und der Bahn-Nummer 156 geliefert.
Die Lok wurde als eine von 30 IV K-Maschinen Anfang 1964 in einer Generalreparatur mit geschweißtem Neubaukessel (RAW Halberstadt 277/1963), geschweißtem Blechrahmen und neuen Drehgestellen ausgerüstet. Die Kollision mit einem Bus führte am 22.1.1988 zur Z-Stellung der Lok. Am 8.3.1991 wurde sie ausgemustert. Als Ausstellungsstück "99 566" ist sie beim Sächsischen Eisenbahnmuseum in Chemnitz-Hilbersdorf erhalten geblieben.
Wie schön, dass es auch in der heutigen Zeit auf dieser Strecke dann und wann noch Dampfzüge gibt dank des Einsatzes der Mitarbeiter der Döllnitzbahn, die im Volksmund noch immer als “Wilder Robert” fortlebt.
Am Nachmittag wurde zeitig die Reise nach Leipzig wieder angetreten, um dort im Hauptbahnhof noch einmal den E 807 nach Saalfeld zu beobachten. Und jawohl: Auch in Leipzig regnete es jetzt ganz gehörig. Die 01 0529 wurde mit ihrem Eilzug vor der Halle noch verewigt, aber für ein Foto der Abfahrt fehlte wohl die Ausdauer. Es waren dies die letzten Bilder der Dampfreise durch die DDR des Jahres 1977. Alles in allem ein überwältigendes Erlebnis, vielleicht nur noch übertroffen von der USA-Tour 1992, wo der Union Pacific “Challenger” – damals größte und schwerste betriebsfähige Dampflok der Welt – und andere amerikanische Dampfriesen bestaunt werden konnten. Aber 1977 war alles “pur”, Dampfbetrieb wie er damals noch gang und gäbe war. Denn so schön auch die Bilder in leuchtenden Farben von heutigen Museumslokomotiven sind – ab und zu auf Hauptstrecken unterwegs oder an Fahrtagen bei Touristikeisenbahnen eingesetzt – sie können nicht im entferntesten die Atmosphäre des planmäßigen Dampfbetriebs aus früheren Zeiten vermitteln.
Dass ich dies alles mit der Kamera verewigen konnte, verdanke ich – wie anfangs schon erwähnt – Michael Schrödter aus (damals) Leipzig, der mich nicht nur begleitet hat, sondern im Vorfeld auch die Reise arrangiert hatte. An dieser Stelle sei ihm nochmals herzlich gedankt.
Am 12.8.1977 trat der Autor dieser Zeilen die Rückreise in die Niederlande an. Allerdings wurde unterwegs im D-Zug-Abschnitt nach Mönchengladbach in Soest eine Übernachtung eingelegt. Mein (damals schon) langjähriger Freund Ulrich Streiter nahm nicht nur meinen enthusiastischen Reisebericht entgegen, sondern auch – wie verabredet – meine Filme (dreiundzwanzig an der Zahl) zu sich in Empfang. Ein Bekannter von ihm, ein Spezialist auf dem Gebiet der schwarz/weiß Filmentwicklung, sollte aus den mit 28 statt der vorgeschriebenen 22 DIN belichteten ILFORD FP 4–Filmen die bestmöglichen Negative hervorzaubern, was ihm auch auf wunderbare Weise gelungen ist.
Es ist dem Autor hoffentlich auch gelungen, von seinen Reiseerlebnissen im Sommer 1977 in der DDR eine interessante Kostprobe geboten zu haben.